Mehr als 60 Besucher folgten am 14. Juni 2016 der Einladung des Vereins Stadtgeschichte, um Thomas Theloke über sein Liebstes sprechen zu hören: die evangelische Pfarrkirche St. Laurentius. Sein Wissen hat sich der Referent unter anderem mittels Bredowscher Chroniken angeeignet, die er in der Kirche fand.
Der knapp einstündige Vortrag befasste sich zunächst mit Namensgebung und Bauhistorie des Gotteshauses. Letztere ist untrennbar mit dem Geschlecht derer von Bredow verbunden, weil die Familie Rheinsberg 1465 zum Erblehen erhielt. In den Jahren 1566 bis 1568 bauten die Lehnsherren die abgebrannte, aus dem 13. Jahrhundert stammende ursprüngliche Kirche wieder auf. Laut Theloke brachte der weitgereiste Achim von Bredow dabei ästhetische Ideen aus halb Europa ein, etwa für korinthische Kapitelle auf achteckigen Postamenten im Chor und für einen Renaissance-Hochaltar nach Dresdener Vorbild.
Zwei Motive sind in der künstlerischen Gestaltung besonders auffällig - die Reformation und das Kirchenpatronat. Das unterhalb der geschnitzten Kreuzigung befindliche Altarbild zeigt sowohl Martin Luther als auch Achim von Bredow im Kreis der Jünger Jesu. Ohnehin finden sich die Bredows mit ihrer weitläufigen Verwandtschaft überall im älteren Teil der Kirche: Ihre Wappen prangen über den Säulenkapitellen und auf der Kanzel, an der Nordwand befindet sich ein Epitaph des Stifter-Ehepaars Bredow, daneben das Epitaph zweier im See ertrunkener Kinder der Familie.
Theloke erzählte, dass man in der künstlerischen Gestaltung des Innenraums mit der Mode ging, wobei man die ältere Schicht beim Renovieren einfach übermalte. Die Restauratoren um Jochen Hochsieder ließen an der Tür zum sogenannten Brautsaal einige Stellen frei, sodass sich die "älteren Moden" noch immer offenbaren. Unter dieser Vorhalle befindet sich auch das jüngste Grab in St. Laurentius: Während die Gruft unterhalb des Chors als letzte Ruhestätte der Rheinsberger Bredows und ihrer hier verblichenen Verwandten diente, bestattete Prinz Heinrich 1763 seinen jung verstorbenen Lieblings-Cellisten Pitscher unter dem Brautsaal. Eine französische Inschrift erinnert an den Musiker.
Gelinde Gänsehaut verursachte der Referent, als er über die Gruft sprach, denn "Achim von Bredow ist vollständig mumifiziert, Anna nur zur Hälfte. Auf einer Seite sieht man ihr langes Haar, auf der anderen den nackten Schädel."
Weniger schaurig ist das Mysterium der Kanzel: Eines der bemalten Bogenfelder zeigt Jesus, der das verlorene Schaf trägt, wohlgemerkt ein schwarzes Tier. Theloke führte aus, dass dieser Umstand bis heute Fragen aufwerfe, denn während der Renaissance malte man das Gleichnis stets mit einem weißen Schaf, wie Restaurator Hochsieder ihm versichert hätte.
Ebenfalls bemerkenswert ist die Tatsache, dass ausgerechnet die Rheinsberger Kirche zwei Orgeln besitzt. Dieses in jüngster Zeit entstandene Kuriosum entzauberte der Referent jedoch rasch: "Als man feststellte, dass die Barockorgel vom Neuruppiner Scholtze stammt, beschloss man, sie zu erhalten. Deshalb baute man sie nur zurück, als 1994 die neue Orgel kam, denn nach etlichen Ausbauten hatte das alte Instrument die gesamte Breite der Empore eingenommen."
Anschließend bat Theloke seine Gäste, die Kirche in aller Ruhe zu besichtigen. Dieser Aufforderung kam das Auditorium begeistert nach, um mit eigenen Augen das Pitscher-Epitaph sowie die Grabplatten der Bredows, Hahns und Sparrs zu sehen, die Epitaphien im Chor und natürlich den Altar, der vermutlich das größte Interesse weckte.
Juni 2016: "Eine halbe Mumie und ein schwarzes Schaf"
Geschichte(n) und Geheimnisse der St. Laurentius-Kirche
Thomas Theloke erklärt die Kirche St. Laurentius und plaudert aus dem Bredowschen Nähkästchen. Foto: Klaus Albrecht
Besichtigung des Chors. Im Hintergrund die beiden Orgeln auf der Empore, links die Barock-Orgel von Scholtze. Foto: Jürgen Rammelt
Besichtigung des Chors mit (v.l.n.r.) Bredow-Epitaph, Kinder-Epitaph und Altar. Foto: Jürgen Rammelt
Nordseite mit Kanzel. Die von Anna von Hahn gestiftete und 1568 erneuerte Kanzel zeigt in bemalten Bogenfeldern Moses und Jesus sowie die Wappen der Bredows und Hahns. Der Baldachin stammt aus dem Barock. Foto: Johannes Lindau
Im Vordergrund der Taufstein, gebrannter Ton, Reliefs. Die auf der Taufe verewigten Stifter waren Anna von Bredow sowie Sabina, Anna und Franz von Sparr. Foto: Jürgen Rammelt