Bereits Tradition geworden ist das alljährliche Treffen der Ortschronisten und des Rheinsberger Stadtgeschichtsvereins. Dabei begegnen historisch Interessierte der Ortsteile und die dortigen Chronisten den Prinzenstädtern zum Austausch auf ein, zwei Stündchen. Am 29. Juni 2016 fanden sich mehr als 30 Geschichtsbegeisterte in der Kirche zu Wallitz ein.
Im Auftrag des örtlichen Heimatvereins stellte Frau Ohm den Veranstaltungsort vor und erzählte über das recht junge Straßendorf. "Jung" ist allerdings relativ, denn bevor Wallitz 1699 gegründet wurde, existierte in unmittelbarer Nähe eine slawische Siedlung namens Wolevicz. Deren älteste erhaltene Erwähnung datiert immerhin in das Jahr 1249.
Mit Spannung verfolgte das Auditorium, wie die Referentin den Bogen vom ausgehenden 17. Jahrhundert bis ins Jetzt schlug: Gründung, 200 Jahre Kirchgang nach Flecken Zechlin, eigene Kirche im Jahr 1899, 1907 Schule/Gemeindehaus, seit jeher Forst- und Landwirtschaft, Handwerk und Gewerbe, nach dem Zweiten Weltkrieg LPG, nach der Wende Geschäftsaufgaben und Neuorientierung, 1999 Jubiläum des Ortes und der Kirche. 2016: Pferdehof, Fischer, Einzelbauern, seit der Wende an die 20 Neubauten, weiterhin etwa 200 Einwohner.
Vor allem eines ist man in Wallitz wohl zu jeder Zeit gewesen - engagiert. Als 1899 die Kirche erbaut wurde, sorgte ein Anwohner für die Glocke. Der Pfarrer fungierte als Chronist und Dichter, damit nichts in Vergessenheit geriet. Noch im Jahr des Kirchenbaus hatte sich ein Männergesangsverein gegründet, der bis heute aus dem kulturellen Leben des Dörfchens nicht wegzudenken ist. Ohnehin misst man in Wallitz der Gemeinschaft große Bedeutung bei, denn in Eigenleistung, mit viel Überredungskunst und purem Willen errichteten die Einwohner ihren Festplatz im Grünen: einen überdachten Tanzboden, einen Kinderspielplatz und sogar Toilettenräume, die diese Bezeichnung verdienen.
Mehr als in manch anderem Ort ist die Geschichte entlang der Dorfstraße gegenwärtig: 1920 wurde ein Gedenkstein für die im Ersten Weltkrieg gefallenen Wallitzer errichtet, dessen letzte Zeile lautet, "Zukünftigen Generationen zur Mahnung". Die Gespenster Wilhelminisch-Preußens dürften nach Luft geschnappt haben angesichts solch freigeistiger Klarsicht. En passant findet sich seit 1999 am Ortsausgang ein weiterer Stein, der die Gründungsjahre beider Siedlungen zeigt. In der Kirche bewahrt man sowohl ein Gedenkbüchlein an in den Kriegen umgekommene Einwohner auf als auch eine Tafel für den Spender der ersten Kirchenglocke. Nicht zuletzt stehen zwei alte Glocken im Kirchenschiff - Geschichte zum Anfassen.
Nach dem Ritt durch die Ortschronik luden die Wallitzer ihre Gäste zu einem entspannten Spaziergang ein: Der führte über die Dorfstraße, durch den Wald ("Man erzählte uns als Kindern Schauermärchen, damit wir den Resten der slawischen Siedlung fernblieben.") zum Festplatz, wo willkommenerweise kühle Getränke warteten. So richtig verabschieden wollte sich eigentlich niemand, denn es gab viel zu besprechen, die Luft war mild, die gepriesenen Toiletten standen bereit … Letztendlich ergriffen doch einige Teilnehmer das Wort, um der gesamten Runde Neuigkeiten zu verkünden, beispielsweise dass die Zechower Ortschronik ein neues Heim bei der dortigen Ortsvorsteherin gefunden hat. Diese Nachricht wurde mit erleichtertem Applaus bedacht, denn der Verbleib der Sammlung galt als akut gefährdet. Zum Schluss würdigte Vereinsvorsitzender Jörg Möller die Arbeit der Wallitzer und übergab den Staffelstab der Vertreterin aus Großzerlang.
Der Verein Stadtgeschichte Rheinsberg bedankt sich herzlich bei den Teilnehmern des diesjährigen Treffens und besonders bei den Wallitzern für ihre Gastfreundschaft. Wir freuen uns auf das Ortschronisten-Treffen 2017 in Großzerlang und hoffen, Sie dort alle wiederzusehen!
Ortschronistentreffen in Wallitz 2016
Referentin Frau Ohm sprach über Wallitz und führte die Gäste anschließend durchs Dorf. Foto: Klaus Albrecht
Ein Seiteneingang der Kirche. Die Beschläge stammen vom damaligen Dorfschmied. Foto: Johannes Lindau
Das einstige Schul- und Gemeindehaus. Heute ist es zu Wohnungen umgebaut und beherbergt nur noch einen 20 qm großen Gemeinderaum. Foto: Klaus Albrecht