"Watt ist denn da drin? Nüscht, wie du immer zusagen pflegst."
Mit diesem Running Gag nervte die quirlige und etwas aufmüpfige Claire ihren ehrenwerten Wolf, der ein weißes Paket unter seinem Arm trug und den Inhalt nicht preisgeben wollte.
Etwa 40 Teilnehmer nahmen am Dienstag an unserem Abendspaziergang auf den Spuren von Wölfchen und Claire teil. Im Mittelpunkt stand dabei das Buch „Rheinsberg. Ein Bilderbuch für Verliebte" von Kurt Tucholsky. In dem 1912 beim Verlag „Axel Juncker" in Berlin erschienenen Büchlein schrieb der Dichter und Publizist über einen Wochenendausflug mit seiner Freundin und späteren ersten Ehefrau Else Weil, genannt Claire Pimbusch. Das Buch wurde ein riesiger Erfolg und machte unsere Stadt auch weit über die Grenzen hinaus bekannt.
Nach einer Begrüßung durch unseren Vereinsvorsitzenden Jörg Möller führte Maria Döring, eine Mitarbeiterin des Kurt-Tucholsky-Literaturmuseums in die Thematik ein und brachte auch eine originale Erstausgabe mit. Dann mischte sich plötzlich ein etwas aus der Zeit gefallenes Liebespaar unter die Gäste und erklärte, dass es vor 111 Jahren schon einmal an diesem wunderbaren Ort war. Sie standen vor dem Ratskeller und fingen an, sich an ihren Aufenthalt in Rheinsberg zu erinnern. Hans - Norbert Gast als Wolfgang und Sandra Bothe als Claire nahmen die interessierten Besucher mit auf einen amüsanten Rundgang zu den Originalschauplätzen der Geschichte. So kamen sie an den früheren Geschäften des Kolonialwarenhändlers Krummhaar, dem Frisör, der sich in unserem Haus der Stadtgeschichte befand, den Weißwaren der Geschwister Luft in der Schloßstraße, an der Apotheke, dem Kinematographen und dem Theater vorbei. Wolf erinnerte sich und las Episoden aus dem Büchlein vor und Claire ergänzte mit historischen Fotos und authentischen Annoncen aus der Rheinsberger Zeitung. Zwischendurch wollte sie immer wissen, was wohl in dem weißen Paket unter Wölfchens Arm sein. Da der Besuch im Schloss Rheinsberg durch eine Veranstaltung der Kammeroper und vor allem aus Zeitgründen ausfallen musste, entschloss sich das Pärchen zum Marktplatz zu gehen. Dort durfte Claire nun endlich ihr Paket auspacken, welches in Tucholskys Geschichte ja im Hotel vergessen wurde. Zum Erstaunen aller waren darin 2 Holzschilder. Das Original aus den 1980er Jahren mit einer nur noch schwer zu lesenden Inschrift und eine detailgetreue Replik, welche unser Verein nachgebildet hat. Hans-Jürgen Kuhnert fertigte die Holztafel und Ute Gimajew rekonstruierte die Inschrift. Claire stieg auf eine Leiter und schraubte das Schild an eine große Kastanie bzw. an "eine Magnolie", wie sie ganz frech behauptete. Gleich im Anschluss ließen sich die ersten Liebespärchen aus den Reihen der geführten Gäste unter dem Schild fotografieren. Wir würden uns sehr drüber freuen, wenn das Schild mit der Liebeserklärung von Wolf und Claire an unser Städtchen zu einem beliebten Selfie-Point wird und die Fotos dann auf unserer Facebookseite hochgeladen werden.