Der Verein Stadtgeschichte Rheinsberg hat das alte Schlachthaus für 90000 Euro saniert. Hobbyhistoriker Jörg Möller über den Umbau und die Ausstellungspläne des Vereins.
Judith von Plato
(aus: Märkische Allgemeine; 09.07.2022)
Rheinsberg. Ordentlich hangen die Messer nebeneinander an der Wand. Für Kuchenmesser sind sie zu groß. Trotzdem wirken sie nicht bedrohlich in dem warm beleuchteten Zimmer mit den unverputzten Wanden im Haus der Stadtgeschichte Rheinsberg. Die Zeit, in der die Messer noch glänzten und zum Einsatz kamen, liegt lange zurück. Was einst ein Schlachtraum war, ist seit Kurzem Küche und Organisationsraum des Vereins Stadtgeschichte Rheinsberg. Die Initiative widmet sich seit 2004 der Aufarbeitung der lokalen Stadtgeschichte und dem Sammeln von historischen Objekten und Archivmaterial. Nach zwei Jahren Umbau hat der Verein nun das alte Schlachthaus eingeweiht. „Wir haben lange darauf gewartet und jetzt können wir endlich wieder einladen“, sagt Jörg Möller, Vorsitzender des Rheinsberger Vereins. Neben der Küchenzeile, wo Häppchen, Kaffee und Kuchen zubereitet werden, legt eine im Boden eingelassene Rinne Zeugnis von der Geschichte des Raumes ab: Durch sie floss einst das Blut der Tiere. Historie wie diese zu bewahren, ist für die Hobbyhistoriker ein wichtiges Anliegen. „Wir versuchen einerseits, den alten Charakter des Ortes zu erhalten und ihm andererseits Stück für Stück einen musealen Anstrich zu geben“, erklärt der Hobbyhistoriker Jörg Möller. 2017 hatte der Verein mit seinen 128 Mitgliedern ein eigenes Haus inklusive der ehemaligen Schlachterei im Nebenhaus in der Lindenallee gekauft. Viel blieb nach dem Kauf zu tun: Die Bausubstanz war von dem Schlachtbetrieb und insbesondere dessen Eiskeller angegriffen worden. Mithilfe von Fördermitteln ließ der Verein seit 2020 das alte Schlachthaus und den Hof umfänglich sanieren. „Wir haben ganz schon nach Fördermitteln gewühlt und sind stolz, dass wir so viele bekommen haben“, sagt der 64-jahrige Rentner. Er beantragte hartnackig die Gelder und konnte sich mit seinen Projekten oft gegen die Konkurrenz durchsetzen. Mit circa 80.000 Euro unterstützen der Bund, das Land Brandenburg und verschiedene Institutionen den Umbau im Wert von insgesamt 90.000 Euro. „Wir freuen uns besonders, dass sich die einzelnen Sanierungsprojekte wie Zahnräder zusammengefügt haben, sodass es am Ende ein in sich geschlossenes Vorhaben geworden ist. " In den einzelnen Projekten entwässerten und pflasterten sie zum Beispiel den Innenhof, sanierten Türen, Fenster und Treppen des Schlachtkellers und des Eiskellers. Außerdem ließen sie einen Architekturplan der Immobilie anfertigen und gestalteten Ausstellungstafeln. Immer im Blick hatte der Verein da-bei auch die Barrierefreiheit ihres Hauses. Neben der Ausstellung im Keller und Eiskeller plant die Vereinsge-meinschaft perspektivisch auch zwei Etagen des Haupthauses für Ausstellungen zu nutzen. „Wir wollen nicht alles ausstellen, was alt ist, sondern das, was charakteristisch ist für die Geschichte der Stadt Rheinsberg“, so Jörg Möller. Vier Schwerpunkte wird der Verein dabei setzen: das bürgerliche Leben, die Keramikherstellung, das Kernkraftwerk und die Carmol-Fabrik. Als herkömmliches Museum würde Jorg Möller das Vorhaben dennoch nicht bezeichnen. „Wir sind das Haus der Stadtgeschichte „, sagt der ehemalige Maschinenbauingenieur im Kernkraftwerk Rheinsberg. Zwar sind sie Mitglied im Museumsverband, doch liegt der Fokus der Ehrenamtlichen derzeit weiterhin vor allem auf dem Sammeln von Objekten und dem Digitalisieren von Archivmaterial. „Wir haben in den letzten Jahren eine Datenbank mit 120.000 Bildern und 125.000 Datensätzen aufgebaut " , sagt Jorg Möller. Er freut sich auf zukünftige Projekte, egal ob digital oder in den eigenen vier Wänden des Vereins. Info Die Ausstellungen des Vereins Stadtgeschichte sind montags bis freitags von 9 bis 12 Uhr zu sehen. Sonderführungen können vereinbart werden unter: 0172/1 48 84 22. Am zweiten Dienstag eines jeden Monats lädt der Verein zu einem Vortrag ein.