In den Wäldern um Rheinsberg gibt es spannendes zu entdecken-beispielweise fast vergessene Gräber. Eines gehört zu einem vertriebenen Baron. Der Heimatverein kümmert sich um sie.
Jürgen Rammelt
(aus: Märker; 25.04.2022)
Die Gegend um Rheinsberg ist reich an Naturdenkmälern. Aber auch was die wechselvolle Geschichte der Region betrifft, können Wanderer eine Menge Spuren der Vergangenheit finden. Dazu gehören auch einige Gräber, die versteckt im Wald und nur wenigen bekannt sind. Diese Stätten aus der Vergessenheit zu holen und wieder erlebbar zu machen, das hat sich jetzt der Heimatverein Rheinsberg zur Aufgabe gemacht. Holzkreuz und Grabstein Wie Andreas Henschel, der neue Geschäftsführer des Vereins, berichtet, handelt es sich dabei um den Waldfriedhof im Rheinsberger Ortsteil Feldgrieben und um zwei Waldgräber in der Nähe von Wittwien. Letztere befinden sich, wenn man aus Rheinsberg kommend in Richtung Wittwien fährt, etwa 20 Meter linksseitig der Straße, wie ein Wegweiser verrät. An die früheren Gräber erinnern ein schlichtes Holzkreuz und ein Grabstein, der an einen morschen Baumstumpf angelehnt wurde. Laut Henschel war durch den letzten Windbruch das Areal derart verwüstet, dass die Mitarbeiter das Gelände erst einmal beräumen mussten. Der zersägte Stamm eines Baumes dient jetzt als Sitzgelegenheit, wenn sich Besucher an der Stelle ausruhen wollen. Grab eines vertriebenen Barons Über die hier Begrabenen ist kaum etwas bekannt. Das Holzkreuz erinnert an Minna Rechling, geborene Pustir. Die Frau lebte von 1861 bis 1936. Ihre Lebensdaten sind auf dem Kreuz - noch gut zu lesen. Schwerer ist schon die Schrift auf dem Stein - zu erkennen. Ludwig Garcke, so - der Name des hier Begrabenen, wurde am 1. Oktober 1850 geboren und verstarb am 7. Juli 1883. Der Ort der Begräbnisstelle lässt 1 vermuten, dass der freie Blick von • der Anhöhe auf die Häuser von Wittwien dafür den Ausschlag gab. Der zweite Ort, der vom Heimatverein in einen einigermaßen würdigen Zustand versetzt wurde, ist der Waldfriedhof von Feldgrieben. Nachdem in der Vergangenheit über Schulprojekte und in Zusammenarbeit mit dem Naturpark Stechlin-Ruppiner Land die Begräbnisstätte oberhalb des Wittwesees mehrfach von Wildwuchs befreit wurde, wurde es nach den Worten von Andreas Henschel höchste Zeit, dass dort etwas passiert. Immerhin befinden sich auf dem Waldfriedhof noch vier Gräber, darunter die Grabstelle von Baron Ulrich von der Osten-Sacken, einem Adligen aus dem Kurland, das heute zu Lettland gehört. Der Baron wurde mit seiner Familie 1928 aus seiner angestammten Heimat vertrieben. Wie in der Datenbank des Vereins Stadtgeschichte Rheinsberg nachzulesen ist, wurde die Familie entschädigt, sodass sie sich von dem Geld das Gut Feldgrieben nebst Ländereien kaufen und hier ansässig werden konnte. Nach dem Krieg enteignet Mit dem Kriegsende und der Belagerung der Gegend durch die Rote Armee wurden Osten-Sackens zum zweiten Mal enteignet. Ulrich von Osten-Sacken, dessen Familie kurzzeitig nach Beerenbusch gezogen war, war da schon schwer erkrankt. Der Baron starb 1946 und wurde auf dem Waldfriedhof beigesetzt. Neben seinem Grab befinden sich noch drei weitere Gräber, zwei davon von jungen Männern, die im Frühjahr 1896 unter ungeklärten Umständen im Wittwesee ertrunken sind. Seit 2008 erinnert eine vom Naturpark aufgestellte Infotafel an den Waldfriedhof, an die Geschichte des Ortes und des einstigen Gutes Feldgrieben sowie an die Familie von der Osten-Sacken. Der Waldfriedhof wurde von Mitarbeitern des Heimatvereins vom Unterwuchs befreit und erhielt eine neue Einfassung aus rustikalen Holzstämmen. Anmerkung: Der Baron wurde 1928 aus dem Kurland vertrieben und später von den Sowjets enteignet.