Helmut Plunze hat in mehr als 60 Jahren eine riesige Sammlung von Objekten angehäuft, die in einem Bezug zu Rheinsberg haben. Nun hat er tausende Exponate an die Förderstiftung des Vereins Stadtgeschichte verkauft.
Brian Kehnscherper
(aus: Ruppiner Anzeiger; 17.09.2021)
Sammler kann man nicht werden, als Sammler wird man geboren. Das liegt in den Genen", sagt Helmut Plunze. Der Diplomingenieur muss es wissen. Mehr als sechs Jahrzehnte lang hat er nahezu alles gesammelt, was mit Rheinsberg zu tun hat. Ein Teil seiner Sammlerstücke wird künftig der Öffentlichkeit zugänglich sein. Seine Liebe zu der Prinzenstadt entdeckte Plunze im Jahr 1961. Bereits 1959 machte er als Student der Technischen Universität Dresden Urlaub im Ruppiner Land. Mit seinem Faltboot kam er aber nur bis Boltenmühle. Zu Wasser ging es von den Neuruppiner Seen nicht bis nach Rheinsberg weiter. Als er zwei Jahre später erneut in der Region war, ging es mit dem Boot von Fürstenberg bis nach Rheinsberg. Die Stadt hinterließ offenbar bleibenden Eindruck. Allein schon, dass das Schloss so dicht am Wasser steht, sei eine Seltenheit. Als Plunze dann noch las, dass Kurt Tucholsky ein halbes Jahrhundert vor ihm auch in der Prinzenstadt Urlaub machte, war es um ihn geschehen. Sein Interesse für Natur und Geschichte tat ihr Übriges, um die Rheinsberg-Manie bei dem heute 85-Jffil-rigen aufzulisten. Fortan sammelte er alles, was er über die die Stadt finden konnte - zunächst in Papierform. Nach der Wende erschlossen sich durch eine Vielzahl von Flohmärkten neue Quellen für ihn. So begann Plunze auch Objekte zu sammeln: Keramik, Blechschilder und Verpackungen der Carmol-Werke und vieles mehr. Schätzungsweise mehr als 5000 Einzelstücke mußte der Sammler so im Lauf der Jahrzehnte an. Irgendwann wurde der Vorsitzende des Vereins Stadtgeschichte Rheinsberg, Jorg Möller, auf Plunze aufmerksam. Denn der Sammler verwendete in Annoncen die Chiffre „Lomprac". „Ich wusste nicht, was dahinter steckt, bis mir eines Nachts aufging, dass das ,Carmol' rückwerts geschrieben war", so Möller. Er nahm Kontakt zu Plunze auf, der schließlich 2006 dem Verein beitrat. Verkauf lange vorbereitet Nun soll ein beträchtlicher Teil der Sammlung an den Verein gehen, um somit der Nachwelt erhalten zu bleiben und auch öffentlich ausgestellt zu werden. Schließlich haben die Sammlerstücke eine nicht zu verachtende historische Bedeutung. Doch der Verkauf der Sammlung benötigte Zeit. Um ihren kulturhistorischen und monatlichen Wert zu beurteilen, wurde eine Museologien über mehrere Monate damit beschäftigt, die einzelnen Objekte zu katalogisieren und zu bewerten. Der Taxwert der Sammlung beruft sich auf rund 70.000 Euro. 20.000 Euro dieser Summe erfasst Plunze als Schenkung. Jeweils 15.000 Euro haben die Sparkasse Ostprignitz-Ruppin sowie die Stadt Rheinsberg aus der Zwei-Euro-Pauschale beigesteuert. Laut Möller profitierte der Verein dabei von der Pandemie. Denn nur, weil viele Veranstaltungen, die sonst mit Mitteln aus der Pauschale unterstützt werden, nicht stattfinden konnten, stand so viel Geld für den Kauf der Sammlung zur Verfügung. Die noch offenen 20.000 Euro am Kaufpreis möchte der Verein über Spenden einwerben. Damit die gemeinnützige Verwendung der Sammlerstücke sichergestellt ist, wurde der Kaufvertrag zwischen der Stiftung des Vereins, die unter dem Dach der Sparkassenstiftung OPR firmiert, und Plunze geschlossen. Die Stiftung hat anschließend, einen Leihvertrag mit dem Geschichtsverein unterzeichnet, damit dieser die Exponate in seinen Räumen ausstellen kann. Einige der Ausstellungsstücke - vor allem historische Keramik und Produkte aus der Carmol-Fabrik, sind nun in einem Raum in einer einstigen Wohnung im ersten Obergeschoss des Hauses der Stadtgeschichte zu sehen. Die Wohnung so herzurichten, dass sie für den Ausstellungsbetrieb geeignet ist, hat die Vereinsmitglieder laut Jorg Möller einige Schweißtropfen gekostet. „In allen Räumen war Auslegeware von-vollflächig verklebt. Das wieder zu entfernen, war sehr mühsam", so perspektivisch möchte der Verein das Haus der Stadtgeschichte komplett zu einem Museum auf zwei Etagen umgestalten. Möller möchte dort vor allem vier Aspekte der Rheinsberger Geschichte stärker beleuchten: die allgemeine Stadtentwicklung im Lauf der Jahrhunderte, die Tradition Rheinsbergs als Keramikstadt, die 1810 größte Produktionsstätte in ganz Preußen war, das Carmolwerk und selbstverständlich die Geschichte des Kernkraftwerks. Das Museum zu entwickeln, dürfte einige Jahre in Anspruch nehmen. Schließlich soll auch ein Fahrstuhl für einen barrierefreien Zugang installiert werden. Zunächst soll der Innenhof des Gebäudes saniert werden. Der ehemalige Schlachtraum und der Eiskeller auf der Hofseite stehen nach ihrer Sanierung - unter anderem mit Mitteln aus dem Programm „Neustart Kultur" kurz vor der Fertigstellung. Der Schlachtraum soll als Infrastrukurraum dienen. Im Keller sollen weitere Exponate ausgestellt werden. Stücke zu Kurt Tucholsky Die Objekte von Helmut Plunze bilden einen guten Grundstock für die Entwicklung des Museums. Das Konvolut, dass der Verein gekauft hat, umfasst aber nicht die komplette Sammlung. Ein Teil der Keramik wird derzeit im Keramikmuseum der Prinzenstadt ausgestellt. Und einen Teil hat Plunze auch selber behalten" Ich habe auch eine umfangreiche Sammlung zu Kurt Tucholsky, sagte er er. Dem Leiter des Tucholskymuseums, Dr. Peter Böthig hat er angekündigt, sich mit ihm ihm austauschen zu wollen. Bild oben: Der die Stiftung des Vereins Stadtgeschichte Rheinsberg hat tausende Objekte des Sammlers Helmut Plunze(links) gekauft. Der Vereinsvorsitzende Jörg Möller präsentiert den neuen Ausstellungsraum Bild lins unten: auch zahlreiche Blechschilder mit Werbung für Carmol sind nun in den Bestand des Vereins Stadtgeschichte übergegangen. Der Slogan Carmol tut wohl war einst deutschlandweit bekannt. Bild rechts unten: Zu der Sammlung von Helmut Plunze gehören zahlreiche Fabrikate aus dem ehemaligen Carmol-Werk in Rheinsberg. Von 1904 bis 1945 wurden Heilmittel hergestellt. Letzte Bild unten: Auch historische Keramik aus Rheinsberg hat Helmut Plunze gesammelt. Ein Teil der Objekte ist nun im Haus der Stadgeschichte zu sehen.