Der indische Pater Antonysamy Thomai vertritt in Rheinsberg einen deutschen Kollegen
Frauke Herweg
(aus: Märkische Allgemeine; 10.07.2015)
Armut, Gehorsam. Keuschheit – dafür stehen die drei Knoten am Gürtel von Kapuziner Pater Antonysamy Thomai. Viele Male schon ist der 45-Jährige auf seine braune Kutte und den Gürtel angesprochen worden. Oft war seine Priesterkleidung der Einstieg in ein Gespräch. „Ich trage meine Kutte sehr gern“, sagt Thomai. „Mit ihr kann ich mit den Leuten über Region reden, ohne gleich über Gott reden zu müssen“. Ende Juni kam Thomai von Südindien nach Rheinsberg. Noch bis Ende Juli übernimmt der Pater die Urlaubsvertretung für Seelsorger Michael Ritschel. Thomai, der schon in Singapur, Malaysia, Südkorea und Oman auf Mission war, hält Messen in Rheinsberg, Gransee und Fürstenberg. Er besucht Kranke, verteilt Segen und hält Vorträge in der Region. Vor einigen Tagen sprach er in Zempow über die Enzyklika des Papstes zum Umweltschutz. Fast 30 Leute kamen. „Sie hatten viele Fragen“, sagt Thomai. Der Kapuziner-Pater kommt zum inzwischen vierten Rheinsberger Auslandeinsatz. Als er vor einigen Tagen in der Stadtbibliothek einige Bücher ausleihen wollte, hieß es dort „Ach wir kennen sie doch“. Thomai hat das gefreut. „Rheinsberg ist so schön ruhig und freundlich“, findet er. Längst wird er auf der Straße gegrüßt. Zum Essen wird der Gast aus Indien ohnehin oft gebeten. Als junger Mann hatte sich Thomai in Deutschland nicht wohl gefühlt. Über ein Stipendium hatte 2001 begonnen, im bayrischen Eichstätt Theologie zu studieren. Er quälte sich mit dem strengen Studium, musste Deutsch, Latein, Griechisch und Hebräisch lernen. Eine Weile dachte er ans Aufhören. Dann biss er sich doch durch. „Es war eine sehr schwierige Zeit“, sagt er. „Aber ich habe mein Studium in Deutschland nicht bereut“. Nach seiner Rückkehr nach Indien hätte sich Thomai nie vorstellen können, noch einmal nach Deutschland zurückzukehren. Eine erste Anfrage für eine Urlaubsvertretung lehnte er ab. Vor drei Jahren kam er dann doch nach Rheinsberg. Er wohnt bei der katholischen Gemeinde der Prinzenstadt und ist überrascht: In Indien werden die Messen von vielen jungen Menschen besucht, zur katholischen Gemeinde in Rheinsberg gehören gerade mal zehn Familien. Thomai lacht. „Natürlich bedaure ich es manchmal, dass hier so wenig junge Leute in die Messe kommen“, sagt er. Von dem Engagement der Gemeinde ist er dennoch überzeugt. „Diese Kirche ist sehr lebendig.“ In Indien arbeitet Thomai als Dozent für Kirchengeschichte an einem der größten Priesterseminare des Landes – mehr als 400 Priesteramtskanditen bereiten sich dort auf ihren späteren Dienst vor. Seine Sommereinsätze in Brandenburg würde Thomai, der wegen seiner Deutschkenntnisse auch schon in Hennigsdorf und in Berlin-Lichterfelde ausgeholfen hat, gern fortsetzen. Ganz egal, ob in Andrapadesh oder Rheinsberg – „die Messe hat überall auf der Welt die gleiche Ordnung“, sagt Thomai. „Evangelium, Fürbitte, Predigt – ich werden überall auf der ganzen Welt denselben Ablauf finden“. In einigen Tagen wird Thomai vor den Mitgliedern des Rheinsberger Vereins Stadtgeschichte seinen nächsten Vortrag halten. „Diese Stadt ist sehr gastfreundlich „, sagt er. Vor einigen Jahren nannte ein junger Journalist Thomai in einem Porträt „Pater Unser“. Thomai hat sich auch darüber sehr gefreut.