Alexander von Humboldt weilte 1792 in der Stadt, um die Keramik-Produktion unter der Lupe zu nehmen – der Verein Stadtgeschichte zeigt dazu eine Sonderschau
Regine Buddeke
(aus: Märkische Allgemeine; 16.09.2019)
Rheinsberg. „ 2 Theile Thon, 2 Theile Feuerstein und 1 Theil Kreide " , liest man auf dem gemalten Zettel, vor Feuerstein und Kreide ist eine wohl falsche Zahl durchgestrichen. Alexander von Humboldt hat es sich nicht leicht gemacht und das Geheimnis der Rheinsberger Fayencen genauestens studiert. Der große Gelehrte sitzt ganz links im Bild, hinter sich die genannte Formel an der Wand, vor sich ein Fayence-Bierkrug und im Hintergrund ein Regal voller Tassen und Krüge - made in Rheinsberg. Das Bild, das die Rheinsberger Malerin Hildegard Frede von dem berühmten Gelehrten gemalt und. dem Verein Stadtgeschichte geschenkt hat, ist die finale Überraschung der Vernissage, die am. Samstag im Rheinsberger Vereinsgebäude in der Seestraße eine Ausstellung über Alexander von Humboldt einläutete - wohlgemerkt exakt an Humboldts 250. Geburtstag. Was aber hatte er in Rheinsberg zu schaffen? Sehr viel, ist zu erfahren - dem sind die Vereinsmitglieder auf die Spur gegangen. Alexander von Humboldt war 1792 in Rheinsberg - als frisch ernannter Bergassessor untersuchte er im Auftrag des preußischen Staates die dortige Keramikproduktion. Der Grund: Deutsche Keramik war damals viel schlechter als etwa die englische. Warum, das sollte Humboldt herausfinden. Wie in alle seine Aufgaben verbiss er sich auch in diese akribisch: beschäftigte sich mit Roh- und Brennstoffen, Technologien und Brennöfen, Mischungsverhältnissen und mehr. Herausgekommen ist ein umfangreiches Gutachten, das in der Ausstellung gezeigt wird - in Faksimile-Handschrift und einer lesbaren Transkription. Natürlich enthält die Ausstellung noch mehr als Bild und Gutachten. Man erfährt viel über den Fayence-Fabrikanten Carl Friedrich Lüdicke, der in Berlin eine Manufaktur unterhielt und später eine in Rheinsberg gründete - dort, wo es die Rohstoffe gab. Der Bierkrug aus dem Frede-Bild steht in einer Vitrine, an den. Wänden hängen historische Stadtpläne und Brennofenzeichnungen aus der Feder von Bernhard Matthias Brasch, der diese im Auftrag Lüdickes erstellte, um Gelder – heute würde man Fördertöpfe sagen – des Staates zu abzuzapfen. Auf einer anderen Tafel erfährt man alles über die Unterschiede von Keramik, Steingut und Fayence. Eine Vitrine widmet sich den Publikationen von Horst Mauter, dem ehemaligen Direktor des Märkischen Museums, der auf das Humboldt-Gutachten stieß, als er eine Fayence-Ausstellung in seinem Haus kuratieren sollte. „Ihm ist im hohen Maße zu verdanken, dass man diese Seite des Humboldtschen Schaffens entdeckt hat", würdigt Jörg Möller, Chef des Vereins Stadtgeschichte, in der Eröffnungsrede. Eine Brennkapsel, wie sie damals für die Fayence-Herstellung bei Lüdicke verwendet wurde, ist ebenfalls zur Veranschaulichung zu sehen. Der Rheinsberger Keramiker Hendrik Schink hat sie nachgebaut. Die Vernissage-Gäste - darunter viele Mitglieder des Rheinsberger Kunst- und Kulturvereins - sind beeindruckt.