Regine Buddeke
(aus: Märkische Allgemeine; 16.08.2018)
Der Augustvortrag des Vereins für Stadtgeschichte Rheinsberg drehte sich um Friedrich II. – und lockte viele Besucher in die Seehalle
Es war eine weise Entscheidung, den allmonatlichen Vortrag des Vereins für Stadtgeschichte Rheinsberg für dieses eine Mal in die Seehalle zu verlagern. Die mehr als 100 Gäste, die dem lauschen wollten, hätten unmöglich in die sonst favorisierte Remise gepasst. Der Grund für das große Interesse dürfte klar am Gegenstand des Vortrags liegen: Kronprinz Friedrich, der Junge Fritz, Friedrich II., Friedrich der Große, der Alte Fritz. So viele Namen der berühmte Monarch hat, so viele Facetten hat er auch. Die alle zu beleuchten, hat Referent Hans-Norbert Gast - „eines unserer rührigsten Mitglieder", so Vereinschef Jörg Möller - etliche Stunden Recherchearbeit auf sich genommen. „Schon bei der Vorbereitung wusste ich, dass ich mit einer Stunde nicht hinkommen würde", so Gast. Denn das ist die Zeit, auf die die Vorträge normalerweise begrenzt sind. Gast hat indes so viel an Material, Abbildungen, Anekdötchen, Briefwechsel, historischen Fakten und Musik gefunden, die allesamt auf die Kappe des Preußenkönigs gehen, dass er fast zwei Stunden beschäftigt war, alles an den Mann und die Frau zu bringen. Mit dabei: seine Drehorgel. Hans-Norbert Gast liebt die Musik genauso wie Friedrich der Große. Von Anfang an hängen die Zuhörer an Gasts Lippen. Der holt weit aus: Wer Friedrich verstehen will, muss auch seine Vorfahren kennen. Er beginnt mit Friedrich dem I. -dem Großvater des Protagonisten, der sich noch selber krönte. Sechs Millionen Taler habe die Krönung gekostet - bei einem Jahresstaatsbudget von nur vier Millionen. Dann schwenkt Gast zu Friedrichs Vater, dem so genannten Soldatenkönig. Ein Mann mit Licht und Schatten. Einerseits hat er durch eiserne Sparsamkeit die 20 Millionen Taler Staatsschulden seines Vaters radikal reduziert - „ einen konsequenten Sanierer" nennt ihn Gast. Andererseits war er nicht nur hart zu sich selbst, sondern auch zu anderen. Es ist bekannt, dass der junge Friedrich Schläge bezog, wenn der Vater ihn flötespielend erwischte. Gast verliest einen minuziösen Tagesablauf, dem der Sohn sich strikt unterwerfen musste. Prinz zu sein war kein Zuckerschlecken. Das einzige, wo Friedrich Wilhelm nicht geizte, waren seine „langen Kerls " - da war ihm kein Taler zu schade. Dann kommt Hans-Norbert Gast zum eigentlichen Helden des Vortrags. Er erzählt von der Hinrichtung Kattes, der Friedrich beiwohnen musste. Schauer durchläuft die Reihen - Gast hat ein Talent, die His-torie plastisch anschaulich zu machen. Immer wieder lässt er Gemälde und zeitgenössische Stiche aus dem Beamer strahlen, um die Stationen des großen Preußenkönigs zu illustrieren. Er spart auch nicht mit Anekdoten: Etwa die, wie Friedrich einst, als sein Volk hungerte, die Kartoffel einführte und sie sowohl den Bauern als auch dem Adel schmackhaft machte. Er war ein Mann des Volkes einerseits - und einer, der die schönen Künste so liebte wie die Philosophie. Und er war ein talentierter Feldherr, der sich für nichts zu schade war. Viele Aussprüche geben davon Zeugnis. „Ihm vorzuwerfen, er hätte Kriege geführt, ist heuchlerisch" , beklagt Gast die tendenziösen Berichte, bei denen Friedrich vor den Interessen-karren anderer gespannt wird. „Das war damals üblich. " Er parliert über die glücklichen Tage in Rheinsberg, die ambivalente Beziehung zu Voltaire und vieles mehr. Das Publikum lauscht, lacht und applaudiert.