Beim ersten Vortrag des Rheinsberger Geschichtsvereins ging es um ein vergessenes Fest. Die Braukessel haben die Stadt vor Jahren verlassen. Nachfahren des alten Braumeisters leben aber noch in der Stadt
Jürgen Rammelt
(aus: Ruppiner Anzeiger; 17.01.2020)
Rheinsberg Der erste Vortrag des Vereins Stadtgeschichte in 2020 hat am Dienstag wieder einmal für Furore gesorgt. Über 50 Zuhörer waren in die Remise gekommen, um unter dem Motto „Bock auf Bier…? zu erfahren, was es mit den einstigen Bockbierfesten in Rheinsberg auf sich hatte.
Bereits am Eingang wurden die Gäste mit einer Kostprobe des würzigen Getränks bewirtet. Bedient wurden sie dabei von Vereinsmitgliedern, die sich “Bockbiermützen” aufgesetzt hatten. Angefertigt hatte die bunten Kopfbedeckungen Ute Gimajew, ein Vereinsmitglied. Die Frau konnte allerdings nicht sagen, ob ihre Mützen denen ähneln, die die Wirte damals für die Gäste bereithielten.
Es muss vor knapp 100 Jahren gewesen sein: Als die Mitglieder des Vereins Stadtgeschichte Rheinsberg für den aktuellen Kalender in alten Exemplaren der „Rheinsberger Zeitung“ stöberten, stießen sie unter anderem auf Anzeigen für ein „Bockbierfest“ das zu Beginn eines jeden Jahres in den Hotels und Gaststätten der Stadt gefeiert wurde.
Ende der 20er-Jahre des vorigen Jahrhunderts wurde so in den Ratskeller, in die Vier Jahreszeiten, das Deutsche Haus sowie dem Jungen und Alten Fritz und andere Lokalitäten eingeladen, wo Schweinebraten und Eisbein sowie würziges Bockbier auf der Speise- und Getränkekarte standen. So fand dieses einstige Fest Eingang in den diesjährigen Monatskalender, in dem an bekannte, unbekannte und vergessene Feste erinnert wird.
In seinem Vortrag am Dienstag ging dann der Vereinsvorsitzende Jörg Möller auf die Geschichte des Festes und auf die Herstellung von Bier im Besonderen ein. Der Referent berichtete von den Zutaten, vom Stammwürzgehalt, von ober- und untergärigem Bier sowie vom Bock- und Doppelbockbier. Aber auch, dass es hochprozentiges Eisbier sowie Bockbier-Likör und weitere Sorten gibt, fand Erwähnung.
Dann übernahm Michael Mücke, dessen Urgroßvater Carl Frey die Rheinsberger Brauerei 1910 gründete, das Mikrofon. Der 51-Jährige Rheinsberger, der heute einen Getränkehandel betreibt, berichtete über seine Familie, die eng mit der Brauereigeschichte verbunden ist. Mückes Vater Horst war Braumeister, Geschäftsführer der Brauerei und hatte nach der Wende in den historischen Räumen eine Gasthausbrauerei eingerichtet.
Michael Mücke konnte viel Interessantes über seine Vorfahren berichten. So ging es um Steuerbescheide, die Innung der Brauer, um die Beschaffung von Rohstoffen, um Lieferengpässe zu DDR-Zeiten und nicht zuletzt um das Preußen-Pils. Für dessen Namensgebung und Herstellung hatte Horst Mücke sogar die schriftliche Zustimmung von Prinz Ferdinand von Preußen erhalten.
Heute wird in Rheinsberg kein Bier mehr hergestellt. Selbst die Gasthausbrauerei wurde 2008 geschlossen und die Technik ausgebaut und verkauft. Allerdings befindet sich in dem historischen Gebäude heute noch eine Gaststätte. Bockbier gibt es auch heute noch unzählige Sorten, wie Möller und Michael Mücke bestätigten. Die Bockbierfeste gehören allerdings der Vergangenheit an.
Info: Der nächste Vortrag des Vereins Stadtgeschichte findet am 11. Februar um 19 Uhr in der Seehalle des Seehotels statt. Dann lautet das Motto „Vom Maskenball zur Faschingsveranstaltung“. Im Mittelpunkt steht der Fasching, der in Rheinsberg Tradition hat. Aber in dem Vortrag geht es auch um Maskenbälle, die vor 100 Jahren von Vereinen oder Gaststätten organisiert wurden. Angesagt haben sich auch einige Akteure des Rheinsberger Carneval Clubs (RCC), die die Zuhörer mit einigen Einlagen aus früheren Programmen erfreuen möchten. Wer maskiert oder kostümiert kommen möchte, ist zu dem Vortrag ebenso willkommen.