Viele betagte Ausstellungsstücke sind neu im Bestand des Vereins / Archivierung schreitet immer weiter voran
Holger Rudolph
(aus: Ruppiner Anzeiger; 20.01.2011)
RHEINSBERG (hr) • Immer wieder dienstags trifft sich um 19 Uhr im Obergeschoss des Marstalls der Verein Stadtgeschichte Rheinsberg. Inzwischen hat er 32 Mitglieder. Der neueste Zugang kommt aus Dierberg und heißt Diethelm Bubbel. Diesmal hatte der Vereins-
vorsitzende Jörg Möller den RA eingeladen. Es sei wieder einmal an der Zeit, über die erfolgreiche Arbeit zu berichten. Seit 2004 gibt es den Zusammenschluss der an lokaler und regionaler Geschichte Interessierten. Gab es am Anfang nur eine ganz kleine Datenbank, so kann der Verein nicht ohne Stolz darauf verweisen, dass im Internet unter www.stadtgeschichte.rheinsberg.de inzwischen
fast 30 000 Bilder abgerufen werden können. Um an die
meisten davon zu kommen, braucht der Suchende nicht
einmal Mitglied zu sein.Wahrscheinlich im Februar soll am Potsdamer Landeshauptarchiv für die Lokalgeschichtler eine Stelle geschaffen werden. Bis zu vier Jahre wird dort ein über ein Berufsbildungswerk Angestellter Daten aufarbeiten können. Einen Bewerber gibt es für die Stelle schon. Im Verlauf der vergangenen Jahre ist es dem Verein auch gelungen, über verschiedene Fördermaßnahmen insgesamt 13 Mitarbeiter zu bekommen. Zurzeit sind es die bei der ortsansässigen Arbeitsfördergesellschaft Rabs beschäftigten [Name entfernt] und Ilka Simond, die für ein halbes beziehungsweise ein Jahr Daten aufbereiten.
Eines der umfangreichsten Projekte des Vereins ist die dauerhafte Archivierung der Rheinsberger Zeitung, die von 1896 bis 1942 erschien Um die betagten Blätter zu erhalten, werden sie mit einer hauchdünnen Plastikfolie überzogen. Dabei handelt es sich um ein Pilotprojekt des Fraunhofer-Instituts für Polymerforschung. Die Freizeithistoriker haben von den Wissenschaftlern die Garantie erhalten, dass sich die Zeitungen nach der Behandlung mindestens 100 Jahre lang gut lesen lassen. Außerdem digitalisieren die Geschichtsfreunde jede Seite, um ihren Inhalt auch auf diese Weise zu erhalten. Möller stellte mehrere in jüngerer Vergangenheit zum Bestand des Vereins gekommene Exponate vor. Da ist zum Beispiel das Geschenk eines Mannes aus Cottbus. Er spendierte die Kopie eines bislang unbekannten Stiches. Der stammt aus dem Jahre 1910 und zeigt die Mühle samt Rhin. Möller: „Da gibt es sogar eine Frau, die im Wasser stehend die Wäsche wäscht." Im Internet ersteigerte ein Vereinsmitglied ein weiteres Bild der Obermühle. Diese Darstellung ist 1889 entstanden. Und wieder steht eine Frau im Wasser und rubbelt Wäsche.
Interessant ist auch der Gildebrief des Rheinsberger Schneidergewerkes, datiert auf 1735. Es handelt sich um das Geschenk eines Neuruppiners. Ein Spender aus Müncheberg in der Märkischen Schweiz namens Klaus Stieger hat sich über Jahrzehnte
mit Rheinsberg, der Heimat seiner Vorfahren, beschäftigt. Dabei stieß er auch auf das Siegel der Schneiderinnung von 1740, das er dem Verein spendierte. Irmingard Kronski ist in Süddeutschland zu Hause. Einer ihrer Vorfahren, der wohlhabende Tuchfabrikant Johann Christian Loycke, lebte einst in der Prinzenstadt. Sein in altdeutscher Schrift verfasstes Testament vom 28. Juni 1817 schenkte sie dem Verein. Mitglied Doris Lippuner übertrug es in die aktuelle Schrift. Belegen lässt sich anhand der Ansichtskarte eines Spenders nun auch, wie die noble Villa Tauchert an der Dr.-Martin-Henning-Straße vor 90 Jahren aussah.
Wer mehr über den Verein, seine Datenbank und die Ar-beit an einem künftigen Heimatmuseum erfahren möch-te, schaut am besten dienstags nach 19 Uhr im Marstall vorbei. Die erste Eingangstür von der Schlossseite her klemmt und lässt sich daher nicht oder nur schlecht öffnen. Es empfiehlt sich für Be-sucher, den stadtseitigen Hintereingang zu nehmen.