In Rheinsberg wurde am Montag der feierlichen Inbetriebnahme des Kernkraftwerks am 9. Mai 1966 gedacht- Energieminister Gerber hielt eine Rede
Mischa Karth
(aus: Märkische Allgemeine; 11.05.2016)
Mit einer Feier im Schlosstheater haben ehemalige und aktuelle Mitarbeiter des Kernkraftwerks Rheinsberg sowie Gäste aus Politik, Wirtschaft und Kultur am Montagabend der feierlichen Inbetriebnahme des Kraftwerks vor 50 Jahren gedacht. Anwesend waren unter anderem Albrecht Gerber, Minister für Wirtschaft und Energie in Brandenburg, Jan-Pieter Rau, Bürgermeister von Rheinsberg, sowie Jürgen Ramthun und Henry Cordes, die bei ¶ den Geschäftsführer der Energiewerke Nord (EWN), die das Kraftwerk betreibt. Musikalisch beteiligte sich ein Bläserquintett der Kreismusikschule Ostprignitz-Ruppin mit Werken vom Pachelbel-Kanon bis zu „ Go Down Moses". Am 9.Mai 1966 war der 70-Megawatt-Reaktor offiziell in Betrieb gegangen. „Dieser Tag war mit großer Spannung erwartet worden, denn schon zehn Jahre zuvor war der Beschluss zum Bau des KKW Rheinsberg gefasst worden ”, sagte Ulrike Liedtke, Mitglied des Landtags, die die Zeremonie moderierte. Sie wagte zunächst einen Zeitsprung in das Jahr 1966 und erinnerte an die Gründung des Oktoberklubs, die Eröffnung des Interhotels Unter den Linden und den Baubeginn des Planviertels Jena-Lobeda. Dieser Aufbruchsstimmung habe die Ablehnung' des Beitrittsantrags der DDR zu den Vereinten Nationen entgegengestanden. Die Errichtung des Rheinsberger Kraftwerks sei aus damaliger Sicht eine „enorme ingenieurtechnische Leistung gewesen - und aus heutiger Sicht ist sie das kein bisschen weniger“, sagte Liedtke. Mit Blick auf die Zukunft betonte sie: „Ich bin neugierig auf das, was nach dem Kernkraftwerk folgen wird" Bürgermeister Jan Pieter Rau hielt in seinem Grußwort zunächst fest, dass das Kraftwerk „ Rheinsberg und das Umland sehr geprägt hat ". Anschließend schilderte er persönliche Erinnerungen an den Meiler. So sei der morgendliche Weg zur Schule Anfang der 70er Jahre das ein oder andere Mal länger als sonst ausgefallen, weil die Schranken an der Werksbahnstrecke unten waren. Dies sei als Entschuldigung fürs Zuspätkommen aber immer akzeptiert worden, sagte Rau und schmunzelte. Auch Jürgen 'Ramthun ließ die Anfangsjahre noch einmal Revue passieren. Er war als Auszubildender im zweiten Lehrjahr in Rheinsberg. „Wir haben uns von Anfang an hier wohlgefühlt”, sagte Ramthun. „Man fühlte sich gut aufgehoben im Familienbetrieb Kernkraftwerk Rheinsberg ". So verbrachten die Bewohner des Ledigenwohnheims - der „Blechbüchse " - und der Lehrlingswohnbaracken unter anderem gemeinsame Fernsehnächte. In seiner Funktion als Geschäftsführer dankte Ramthun allen Beteiligten, die es mit ihren „Wissenschaftlichen, ingenieurtechnischen und handwerklichen Leistungen " ermöglichten, „ Neuland " zu betreten. Angesichts aktueller energiepolitischer Entwicklungen gehe es jedoch auch darum, einen würdigen Rahmen für eine solche Feier zu finden, „ohne das Ganze in eine verklärte Richtung abgleiten zu lassen. Das Kernkraftwerk war von Beginn an ein Prestigeobjekt gegenüber dem 'Klassenfeind' ", sagte Ramthun. Zwei ganz unterschiedliche Vorträge hielten anschließend Jörg Möller, Vorsitzender des Vereins Stadtgeschichte Rheinsberg, und Michael Schönherr, derzeitiger Leiter des Kernkraftwerks. Möller schilderte unter dem Titel„ Rheinsberg, wie haste dir Verändert” - eine Anspielung ein Zitat von Heinrich Zille - die Entwicklung der Stadt Rheinsberg seit Mitte der 50er Jahre. Mit dem Beginn der Bauarbeiten stieg die Einwohnerzahl rapide an. Innerhalb weniger Jahre wurde neuer Wohnraum geschaffen, Kindergärten und Schulen eingerichtet, was Möller eindrucksvoll illustrierte. Michael Schönherr widmete sich dem Rückbau. Er zeigte anhand von Bildern und kurzen Videos welchen Herausforderungen und Problemen sich die EWN in den vergangenen Jahren stellen musste und wie die Demontage in Zukunft weitergehen soll. „Errichtung, Betrieb und Rückbau eines Kernkraftwerks bilden eine Einheit", bilanzierte Schönherr. Albrecht Gerber nutzte den Anlass für eine Rede zum Thema „Die Zukunft der Energiegewinnung ". Die Kernkraft gelte in Deutschland als „Auslaufmodell“, sagte Gerber. „Gleichwohl wird uns die Kernkraft noch viele weitere Jahre beschäftigen. Denn mit dem Ende der Atommeiler geht die Arbeit erst richtig los. Der Rückbau wird Jahre, Jahrzehnte in Anspruch nehmen." Die Erfahrungen beim Rückbau des KKW Rheinsberg seien „für den bundesweiten Rückbauprozess von erheblicher Bedeutung", so Gerber. Er dankte allen, „die diese anspruchsvolle und hoch komplizierte Arbeit in Rheinsberg leisten.” Peter Casper vom Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei rundete den Abend mit einem Vortrag ab.