Von der wichtigsten Baustelle in der einstigen DDR bis zur Stilllegung und dem Rückbau
Jürgen Rammelt
(aus: Märkische Allgemeine; 06.09.2014)
Menz „1955 Rheinsberg – zwischen Blockwarte und Kulturhaus“ ist der Titel einer Ausstellung, die am Freitag mit einer Vernissage im Saal der Regionalwerkstatt Menz eröffnet wurde. Die aus zahlreichen Schautafeln bestehen Exposition berichtet über die Geschichte des Rheinsberger Kernkraftwerkes.
Initiiert wurde die Ausstellung, die im Frühjahr 2013 bereits in der Remise am Rheinsberger Triangelplatz gezeigt wurde, vom Verein Stadtgeschichte Rheinsberg e.V. Kurator der Schau ist Sebastian Stude (32), ein Historiker, der an der Uni Halle sowie an der Berliner Humboldt-Universität studiert hat und auch Mitglied des Geschichtsvereins ist.
Die Schau erinnert an das erste Atomkraftwerk auf deutschem Boden, das in den 60er-Jahren im Naturschutzgebiet zwischen dem Stechlin- und dem Nehmitzsee mit sowjetischer Hilfe gebaut wurde. „Die Zahl 1955 hat zweierlei Bedeutung – zum einen erinnert sie an das Jahr, in dem es die ersten Überlegungen zum Bau des Atomkraftwerkes realistische Formen annahm, zum anderen war es die damalige Postleitzahl von Rheinsberg“, verrät Stude.
Am Freitag erinnerte er außerdem daran, dass es bei der Suche nach einem geeigneten Standort für ein solches Werk durchaus unterschiedliche Meinungen gab. Während vor allem die Naturschützer Bedenken hatten, ein solches Werk in einem hochsensiblen Naturschutzgebiet zu errichten, hielten andere gerade die Abgeschiedenheit und die geographischen Verhältnisse mit den beiden Seen für den richtigen Standort.
Stude ging vor den über 25 Besuchern der Vernissage auch auf die Geschichte des Naturschutzgebietes ein, das bereits 1938 mit dem Schutzstatus belegt wurde. Kein geringerer als der damalige Reichsforst- und Reichsjägermeister Hermann Göring, der unter Hitler auch Chef der Luftwaffe war, sowie ein gewisser Generaloberst Milch, der im Naturschutzgebiet eine Jagdhütte und das Jagdrecht besaß, sorgten dafür, dass niemand das Gebiet betreten sollte.
Von Interesse sind besonders die ausgestellten Bildtafeln, auf denen sowohl über die Planung und den Bau, über die Technik und den Betrieb, aber auch über den Alltag der Kernkraftwerker sowie über Störfälle und Havarien berichtet wird. Informiert wird über die damals politischen Verhältnisse und über die Bedeutung des Werkes für die Region. Immerhin war das KKW mit über 600 Beschäftigten der größte Arbeitgeber, was dazu führte, dass eine neue Wohnsiedlung entstand, die Schule einen Anbau erhielt, ein Kulturhaus gebaut wurde und auch die sonstige Infrastruktur einen Aufschwung nahm.
Berichtet wird auch über die Opposition, die sich wegen der atomaren Gefahr bildete, über unverwirklichte Träume, die Stilllegung und den Rückbau. Für diejenigen, die sich intensiv mit der Geschichte des Kernkraftwerkes beschäftigen möchten, gibt es außerdem ein informatives Begleitbuch zur Ausstellung, in dem Sebastian Stude seine Forschungsergebnisse zum Rheinsberger Atomkraftwerk für die Nachwelt aufgeschrieben hat.
Info: Die Ausstellung kann bis zum 31. Oktober besichtigt werden. Ist verschlossen, melden sich Interessenten bitte im Naturparkhaus.