Neue Ausstellung in der Rheinsberger Schlossremise eröffnet
Jürgen Rammelt
(aus: Märkische Allgemeine; 21.01.2013)
Wissenswertes zur Historie des Rheinsberger Atomkraftwerkes hat der Verein Stadtgeschichte zusammentragen lassen. Das Ergebnis ist nun in einer aufwändigen Schau zu sehen.
RHEINSBERG
Auch die zweite Exposition in der Remise am Rheinsberger Schloss hat die Aufmerksamkeit der Rheinsberger gewonnen. Mehr als 100 Interessierte sind am Sonnabend gekommen, um sich die Ausstellung des hiesigen Vereins Stadtgeschichte anzuschauen. „1955 – Rheinsberg zwischen Blockwarte und Kulturhaus“ hat der Historiker Sebastian Stude die Schau über das Rheinsberger Kernkraftwerk (KKW) genannt. Nach den viel beachteten Tafeln zur Sanierung des Ortes widmet sich das aktuelle Werk nun einem maßgeblichen Antrieb für die Stadt.
„Die Zahl 1955 hat zweierlei Bedeutung“, erklärte Sebastian Stude. „Zum einen war es das Jahr, in dem die ersten Überlegungen zum Bau des Kernkraftwerkes realistische Formen annahmen, zum anderen war es die Postleitzahl von Rheinsberg.“
Stude hat sich akribisch mit dem KKW auseinander gesetzt. Neben der Suche in zahlreichen Archiven hat er mit Mitarbeitern gesprochen. Viele ehemalige und noch aktive Kernkraftwerker, darunter der derzeitige Leiter der im Rückbau befindlichen Anlage, Michael Schönherr, waren am Sonnabend unter den Besuchern. Aber auch Mitarbeiter im Ruhestand wollten die Vernissage nicht verpassen. So wie Siegfried Herholz, der ab 1961 im KKW arbeitete. Er zeigte sich von der Ausstellung beeindruckt.
600 Menschen arbeiteten im Kernkraftwerk, das über Jahre der größte Arbeitgeber der Stadt war. Es gibt kaum eine Familie in Rheinsberg, von der nicht wenigstens einer dort sein Geld verdiente. Der Bau des Werkes bewirkte einen Bevölkerungsanstieg in den 60er bis 80er Jahren auf mehr als 5000 Einwohner. Es entstanden die Neubausiedlung und eine neue Schule.
Auf kulturellem Gebiet profitierte Rheinsberg ebenfalls. Ein Kulturhaus wurde gebaut und viele Volkskunstgruppen wie der Faschingsklub haben ihren Ursprung im Atomkraftwerk. Einen Versorgungsvorteil verschaffte der werkseigene Laden: Bananen und Südfrüchte gab es öfter.
Entschieden wurde über den Bau des KKW auf einer SED-Parteikonferenz, so Sebastian Stude. Zuerst trug das Projekt die Bezeichnung „Kontrakt 903“. Neun Standorte waren für den Neubau in Augenschein genommen worden. Die Entscheidung fiel auf das Naturschutzgebiet zwischen dem Nehmitz- und Stechlinsee. Am 9. Mai 1966 ging das ostdeutsch-sowjetische Gemeinschaftsobjekt ans Netz. Mit einem Wink auf aktuelle Ereignisse sagte Stude, dass sich bis dahin die Bauzeit verdoppelt und die Kosten vervierfacht hatten.
Über 80 Fotos, Bildtafeln und Modelle des Maschinenhauses und Reaktorgebäudes können nun bestaunt werden.
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Zwei Monate zu sehen
Die Ausstellung wurde unterstützt von der Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur, der Landeszentrale für politische Bildung und der Sparkassen-Stiftung.
Zur Geschichte des KKW gibt es ein Begleitbuch, das zum Preis von neun Euro in der Tourist-Information und in der Rheinsberger Tucholsky-Buchhandlung erhältlich ist.
Die neue Schau in der Remise kann während der Öffnungszeiten der Tourist-Information bis zum 1. April 2013 besichtigt werden.
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In der Ausstellung werden Modelle gezeigt.
Fotos (3): Rammelt
Mehr als 100 Besucher kamen am Sonnabend zur Vernissage.
Fotos, Bildtafeln und Werkzeuge beschreiben den Werksalltag.