Der Verein Stadtgeschichte hat eine kleine, aber feine Ausstellung zu alten Handwerksbetrieben arrangiert
Nadine Fabian
(aus: Märkische Allgemeine; 07.07.2011)
Rheinsberg - das ist auch die Stadt jenseits des Schlosses und all seiner Pracht. Dieses andere Rheinsberg ist jetzt in der Rhinpassage zu erleben.
RHEINSBERG
Ein Lieblingsstück hat jeder von ihnen. Klaus Albrechts Herz hängt an einem Nagel. Das krumme Ding hat er im vergangenen Jahr erbeutet, als die Dachdecker die Rheinsberger Laurentiuskirche neu gedeckt haben. Klaus Albrecht war auf der Baustelle zu Besuch und da lag er - handgeschmiedet, alt, ausrangiert. "Ich hab natürlich gefragt, ob ich ihn mitnehmen darf", sagt der Vize des Vereins Stadtgeschichte. Er durfte und so ist das gute Stück, das Jahrzehnte, vermutlich Jahrhunderte im Gebälk hoch über der Prinzenstadt steckte, in der neuen Schau des Vereins zu sehen.
Die Ausstellung, die am Dienstag eröffnet wurde (die MAZ berichtete), widmet sich alten Rheinsberger Handwerksbetrieben. Der Nagel liegt in der Vitrine, in der Requisiten der Schmiedekunst ruhen. In den anderen Schaukästen, an den Wänden und auf Auslagen präsentiert der Verein das Handwerk des Schneiders, des Müllers, des Schlossers, des Druckers und des Uhrmachers. Dass die Stadtgeschichtler nicht alles hinter Glas gesperrt haben, macht den besonderen Reiz aus. Wer mag kann auf Tuchfühlung gehen und erfahren, wie schwer die Schere des Schneiders in der Hand wiegt, wie stark die Lupe des Uhrmachers vergrößert."
Viele Rheinsberger haben uns mit Leihgaben unterstützt - dafür sind wir sehr dankbar", sagt Klaus Albrecht. Die vielseitige Hilfe zeigt ihm, dass die Rheinsberger durchaus Interesse an der kleinen Geschichte und den kleinen Geschichten ihrer Stadt haben. "Wenn es um Rheinsberg geht, liegt der Fokus doch meist auf dem Schloss, auf Friedrich, Heinrich und Tucholsky", sagt Klaus Albrecht. "Wir sehen die Stadt ein wenig anders. Wir erforschen das, was den Alltag, das Leben der Menschen ausgemacht hat und noch immer ausmacht." Der Verein Stadtgeschichte versucht den Rheinsbergern das Wesen ihrer Stadt jenseits der großen Namen und Ereignisse näher zu bringen. Der Bürgermeister Jan-Pieter Rau lobte bei der Eröffnung der Ausstellung den ehrenamtlichen Einsatz der Erinnerungsarbeiter.
In der Heimatgeschichte zu stöbern, sei eine Sache ohne Ende, sagt Klaus Albrecht. Das sei einerseits zum Wahnsinnigwerden, andererseits fasziniere ihn gerade dieses Wissen, nie abschließen zu können. Seine Begeisterung teilen rund 30 Männer und Frauen, die sich seit 2004 dem Verein angeschlossen haben. "Uns fehlt aber leider die Jugend", sagt der 59-Jährige. "Das ist ja auch in meiner eigenen Familie so. Mein Enkel ist elf und er interessiert sich für Computersachen und so viele andere Dinge, nur eben nicht für Geschichte."
Dabei würde es die Geschichtsfans schon freuen, wenn sich auch mal eine Schulklasse in der Ausstellung in der Rhinpassage umsehen würde. Überhaupt wünschen sich Klaus Albrecht und seine Vereinsfreunde für die Schau viele Besucher. Er glaubt nämlich, dass so mancher Rheinsberger Feuer fangen könnte - so wie es ihm ja auch passiert ist. Als Besucher ist er einst in eine Stadtgeschichte-Ausstellung gegangen, als Mitstreiter im Verein hat er sie verlassen.
INFO Die Ausstellung ist montags bis freitags von 8 bis 14.30 Uhr geöffnet. Der Verein Stadtgeschichte trifft sich jeden Dienstag um 19 Uhr im Marstall, erstes Obergeschoss.
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Klaus Albrecht ist Feuer und Flamme.
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Für die Ausstellung in der Rheinpassage hat der Verein Stadtgeschichte allerlei Requisiten zusammengetragen. Einige Stücke können die Besucher sogar in die Hand nehmen.
Fotos: Peter Geisler
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Drucker und Müller: Die Ausstellung widmet sich verschiedenen Rheinsberger Handwerksbetrieben.