Ehepaar aus Wuthenow spendete der Stadt gestern ein historisches Dokument
Judith Melzer-Voigt
(aus: Ruppiner Anzeiger; 21.11.2012)
Rheinsberg (jvo). Die Stadt Rheinsberg bekam gestern eine Urkunde aus dem Jahr 1791 überreicht. Das sehr gut erhaltene, seltene Schriftstück ist ein Geschenk von Lenore und Horst Grothe aus Wuthenow. Sie entdeckten es in einem Nachlass.
Das Dokument wurde am 17. August 1791 vom Magistrat Rheinsbergs auf einen Carl-Gotthilf Heinrich Huth ausgestellt. Der Mann brauchte einen Nachweis, dass er ehelich geboren wurde, weil er Mitglied einer Zunft oder Innung werden wollte. Dazu war diese Bescheinigung notwendig, wie Rheinsbergs Bürgermeister Jan-Pieter Rau (CDU) gestern erklärte.
Das Ehepaar fand die Urkunde zwischen anderen Erbstücken. Lenore Grothe vermutet, dass ihr Großvater - ein Liebhaber historischer Zeugnisse - es aufgehoben hat. Nun wird sich der Rheinsberger Geschichtsverein mit dem Dokument beschäftigen und etwas zu dem Hintergrund Huths herausfinden wollen, sagte Rau. Allerdings bleibe das Schriftstück im Besitz der Stadt Rheinsberg und wird eines Tages ausgestellt. (Rheinsberg)
unter dem Bild:
Seltenes Geschenk: Das Ehepaar Grothe überreichte Rheinsbergs Bürgermeister Jan-Pieter Rau (CDU,Mitte) gestern die Urkunde aus dem Jahr 1791, die es entdeckt hat.
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Nach 221 Jahren zurück in Rheinsberg
Ehepaar aus Wuthenow spendete der Stadt gestern ein historisches Dokument
Von Judith Melzer Voigt
Rheinsberg (RA)
In der vergangenen Woche kam der Anruf, gestern konnte Rheinsbergs Bürgermeister Jan-Pieter Rau (CDU) schon eine historische Urkunde in den Händen halten, die direkt ins Archiv der Prinzenstadt wandert. Gespendet haben sie Lenore und Horst Grothe aus Wuthenow.
„Herr Grothe teilte mir bei unserem Telefonat mit, dass er und seine Frau etwas gefunden haben, was einen Bezug zu Rheinsberg hat „, erzählte Rau. Das klang noch alles recht geheimnisvoll, doch gestern gab es dann Klarheit: Das Ehepaar Grothe hat eine Entdeckung in einem Nachlass gemacht - eine Urkunde, auf der der Rheinsberger Magistrat bestätigt, dass ein gewisser Carl-Gotthilf Heinrich Huth geboren wurde. Das Dokument wurde am 17. August 1791 ausgestellt.
Rau vermutete gestern, dass der Mann diese Bescheinigung brauchte, weil er Mitglied einer Zunft oder Innung werden beziehungsweise einen Handwerksberuf ergreifen wollte. „Damals war solch eine Bescheinigung üblich“, so Rau. „Es ist eine tolle Sache, dass jemand so etwas gefunden hat.“
Wahrscheinlich ist es Lenore Grothes Großvater zu verdanken, dass Rheinsberg nun einen neuen Schatz im Archiv hat. „Er hat sein Leben lang viele schöne Dinge gesammelt“, erklärt die 80-Jährige. Historische Buckeltruhen waren darunter, aber das Interesse des Mannes galt einfach allem, was eine interessante Geschichte hat. Als dann vor einigen Jahren Lenore Grothes Eltern starben, räumten sie und ihr Mann deren Haus in Perleberg aus. Zeit, den ganzen Nachlass zu sichten, blieb aber nicht. Das Paar reiste erst einmal für einige Jahre nach Nicaragua, wo der ehemalige Rundfunk-Redakteur Horst Grothe junge Journalisten ausbildete. Eine aufregende Zeit, wie die beiden gestern versicherten. An die Erbstücke daheim in Wuthenow dachten sie überhaupt nicht mehr.
Erst zurück in Deutschland fiel ihnen das Schriftstück wieder in die Hände. Als das Ehepaar dann auch noch entdeckte, dass der Magistrat es ausgestellt hatte, war klar: Es muss zurück in die Prinzenstadt. In Pappe eingewickelt und dadurch geschützt, erreichte die Bescheinigung gestern unbeschadet das Büro des Bürgermeisters. „ Ich kann mich wirklich nur bedanken, dass Sie überhaupt auf diese Idee gekommen sind. uns diese Urkunde zu überreichen“, meinte Ortsvorsteher Sven Alisch (SPD). Der örtliche Geschichtsverein werde sich freuen und recherchieren, was es mit Carl-Gotthilf Heinrich Huth und seiner Historie auf sich hat. „Das ist eine neue Ebene, auf der sich der Verein projektmäßig engagieren kann.“ Alisch war gestern der Meinung, das Dokument müsse irgendwann einmal öffentlich präsentiert werden. „Wo es doch so gut erhalten ist“, sagte er.
Der Ansicht war auch Jan-Pieter Rau. Schließlich sei eine so alte Urkunde eine Seltenheit in der Stadt. „Es wurde ja in der Vergangenheit auch viel vernichtet“, erklärte er. Unter anderem sei das Rathaus 1945 zerbombt worden, wobei vieles zerstört wurde, was eine lange Geschichte hatte. Bereits zu DDR-Zeiten - aber auch heute noch - ist außerdem der Landkreis Ostprignitz-Ruppin für das Archiv der Stadt zuständig. Daher lagern sowieso viele Dokumente dort. „Wir im Haus haben höchstens noch Protokolle von den Stadtverordnetenversammlungen aus den 1970er Jahren“, sagte Rau. Daher könne er sich auch vorstellen, dass die Schenkung einen Platz in dem Haus findet, in dem einst nach einer Sanierung das Rathaus einziehen soll. (RA berichtete).
Den Grothes wird das egal sein, ihnen war nur wichtig, dass die Urkunde dorthin kommt, wo sie ihren Ursprung hat - nach Rheinsberg. Sie sind mit der Prinzenstadt eng verbunden, führen regelmäßig Besucher aus aller Welt durch die Straßen und Gassen des Ortes. „Und die sind immer begeistert“, sagte Horts Grothe. Seit zehn Jahren leben die beiden nun in Wuthenow, wo er einst seine Kindheit verbrachte. Von dort aus zog es ihn erst zum Journalistik-Studium nach Leipzig, dann zum Rundfunk und schließlich als Ausbilder in alle Welt. Seine Frau reiste mit ihm, als die Kinder aus dem Haus waren und arbeitet aus der Ferne als Bibliothekarin.
Die Urkunde geht nun laut Rau in den städtischen Bestand über. Der Geschichtsverein dürfe jederzeit damit arbeiten. „Zunächst wird sich aber Dr. Peter Böthig darum kümmern“, sagte der Stadtchef. Schließlich sei der Leiter des Kurt-Tucholsky-Literaturmuseums ein Profi, was historische Dokumente angeht. „Doch am Ende sind wir ein Touristenstädtchen“, so Alisch. „Da sollen auch viele Menschen das Geschenk sehen können.“
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Sehr gut erhalten: Die historische Urkunde wechselte gestern den Besitzer. Das Ehepaar Lenore und Horst Grothe schenkte sie der Stadt Rheinsberg. Nun wird das Dokument erst einmal begutachtet, dann gibt es Recherchen zur Geschichte.