Neuer Verein will die Rheinsberger Stadtgeschichte jenseits des Schlosses erforschen / Ausstellung im Oktober
Tilman Trebs
(aus: Ruppiner Anzeiger; 27.08.2004)
RHEINSBERG. Über die Geschichte des Schlosses Rheinsberg und seiner einst blaublütigen Bewohner ist schon viel gesagt und geschrieben worden. Eher stiefmütterlich dagegen gingen die Geschichtsschreiber bislang mit der Historie jenseits der Schlossmauern um. Ein neuer Verein will das nun ändern.
Wie schwer es sein kann, herauszufinden, wie das damals so war in Rheinsberg, hat Bürgermeister Manfred Richter (SPD) schon am eigenen Leib erfahren. Irgendwann lud er die Senioren der Stadt ein, um über alte Zeiten zu plaudern. Er dachte sich das Thema Ärzte aus. „Das ist grandios schief gegangen", erinnert sich das Stadtoberhaupt. „Schon nach fünf Minuten haben alle durcheinander geredet. So kann das mit der Geschichtsschreibung natürlich nichts werden."
Nun will es eine Gruppe von Hobbyhistorikern besser machen. Im Mai wurde der Verein Stadtgeschichte Rheinsberg gegründet - und der hat große Pläne. „Erforschen, ablegen, aufarbeiten", umreißt der Vereinsvorsitzende Jörg Möller zunächst grob die Aufgabe des Vereins, der inzwischen zwölf Mitglieder zählt. Erforscht werden soll aber vor allem die Geschichte, die mit dem ganz normalen Alltag der Rheinsberger tun hat. „Wir werden am Schloss zwar nicht vorbeikommen, aber wir wollen es etwas ausklammern. Von der Schlossgeschichte ist schon viel aufgearbeitet worden, von der Stadtgeschichte so gut wie gar nichts", erklärt Möller.
Welche Vereine gab es früher in der Stadt? Wie sah das Kunst- und Kulturleben aus? Welche Handwerker und Betriebe produzierten was und unter welchen Bedingungen in der Stadt? Welche Persönlichkeiten prägten das öffentliche Leben in früheren Zeiten? Das sind die Fragen, mit denen sich die Heimatforscher in Zukunft hauptsächlich beschäftigen wollen.
Darüber hinaus sammelt die Gruppe Exponate, die die Historie illustrieren. „Auf den Dachböden der Rheinsberger wimmelt es vor Zeitzeugnissen", vermuten die Historiker, die hoffen, einige davon künftig nutzen zu können.
Bislang leben sie von Gegenständen, die sie selbst gesammelt haben oder die ihnen der Leiter des Tucholsky-Museums, Dr. Peter Böthig, zur Verfügung gestellt hat. Ansonsten sind die Vereinsmitlieder eifrige Internetnutzer. Über das Netz haben sie herausgefunden, dass es mehr als l 000 verschiedene Postkarten von Rheinsberg gibt. Um möglichst viele zu bekommen, wurden manche schon für viel Geld beim Internetauktionshaus Ebay ersteigert. Das Internet soll auch das hauptsächliche Präsentationsmedium des Geschichtsvereins werden. „Wir stellen uns eine Homepage vor, in der künftig per Volltextsuche in der Rheinsberger Stadtgeschichte recherchiert werden kann", so Jörg Möller. Auch sollen darin die Ausgaben der „Rheinsberger Zeitung", die von 1894 bis 1940 drei Mal pro Woche erschien, im Netz nachgelesen werden können - ebenso diverse Betriebs- und Vereinschroniken. Der Internetauftritt soll nächstes Jahr ins Netz gestellt werden. Fernziel ist ein kleines Heimatmuseum. „Das wird aber eher ein langfristiges Projekt", schätzt Jörg Möller. Er rechnet mit hohen Kosten.
Eine erste Ausstellung bereitet der Verein bereits für das zweite Oktoberwochenende im „Auktionshaus" an der Seestraße vor. In elf Vitrinen sollen elf Themen präsentiert werden. Eine Vitrine ist der Rheinsberger Zeitung gewidmet, eine andere der Firma Lüdecke. Ebenso soll die Geschichte der Feuerwehr und des Karnevalsvereins erzählt werden. Andere Vitrinen beschäftigen sich mit den Themen Fremdenverkehr, Architektur, Briefmarken, Postkarten und Medaillen sowie den städtischen Handwerkern.
Wer den Verein unterstützen will, Geschichten oder Exponate beisteuern möchte, kann jeden zweiten Dienstag (ungerade Kalenderwochen) am 19 Uhr ins Auktionshaus kommen. Der Vorsitzende Jörg Möller ist unter (03 39 31) 3 77 60 zu erreichen.