Der bekannte Filmkritiker und Radiomoderator Knut Elstermann arbeitet an einem Buch zum Thema Kriegsende in Rheinsberg. Dafür sucht er noch Zeitzeugen. Von Jürgen Rammelt
Jürgen Rammelt
(aus: Ruppiner Anzeiger; 15.04.2025)
Zum 80. Mal jährt sich dieses Jahr das Ende des Zweiten Weltkrieges. Am 8. Mai 1945 kapitulierte das faschistische Deutschland - Anlass zum Gedenken. Auch der Verein Stadtgeschichte Rheinsberg stellt sich dieser Aufgabe. Gemeinsam mit der Stadt, dem Ortsbeirat und der Friedensrunde gibt es im Mai auf dem städtischen Friedhof eine Gedenkveranstaltung. Dort befinden sich auch die Gedenkstätten für Kriegsopfer, gefallene Soldaten und Rheinsberger Bürger, die auf irgendeine Weise in den letzten Kriegstagen ums Leben kamen. Das Denkmal für die Verfolgten des Naziregimes (VVN) erfährt eine Verschönerung. Zudem will der Verein, genauso wie auf dem kirchlichen Friedhof, bis zum 8. Mai einen Gedenkort einrichten.
Der Verein plant aber vor allem ein Buch über die letzten Kriegstage in Rheinsberg. Die Idee entstand vor einem Jahr. Vorbild ist die Edition „Heimat und Revolution", in der Rheinsberger Zeitzeugen über die politische Wende 1989 berichten. Da so ein Projekt mit Kosten verbunden ist, hat der Verein mit der Sparkasse OPR und der brandenburgischen Landeszentrale für Politische Bildung Unterstützer gefunden.
Ursprünglich hatte Dr. Peter Böthig, der einstige Leiter des Kurt-Tucholsky-Literaturmuseums, seine Bereitschaft dazu erklärt, Autor des Buches zu werden. Doch aus gesundheitlichen Gründen musste er absagen. „Zum Glück haben wir mit Knut Elstermann jemanden gefunden, der die Aufgabe übernommen hat", sagte Jörg Möller, der Vorsitzende des Geschichtsvereins, zu Beginn des monatlichen Vortrags, bei dem es um das Kriegsende ging. Knut Elstermann, der Rheinsberg zu seiner zweiten Heimat gemacht hat, ist ein bekannter Filmkritiker, Moderator, Regisseur und Buchautor.
Der Journalist berichtete am vergangenen Dienstag den rund 90 interessierten Zuhörern, wie weit er mit der Stoffsammlung für das Buch ist. Der Vortrag war auch eine technische Premiere. Weil Knut Elstermann in Berlin einen wichtigen Termin hatte, den er nicht verschieben konnte, wandte er sich per Video-Konferenz und Zoom an die Anwesenden in der Remise. In Berlin, mit einem Mikrofon vor einer Kamera sitzend, sprach er mit den Zuhörern. Wie der Buchautor berichtete, gestaltet sich die Recherche schwierig. Es gibt kaum noch Zeitzeugen. Und wenn, dann sind sie über 90 Jahre alt. Dennoch hat Elstermann bereits einige Gespräche geführt und ist in Archiven auf die Suche gegangen. Fündig wurde er auch in der Datenbank des Geschichtsvereins. Beeindruckt zeigte er sich unter anderem von einer Todesliste, auf der mehr als 180 Namen von Rheinsbergern stehen, die in den letzten Kriegstagen ihr Leben verloren.
Elstermann bezeichnete den 29. April als „Schicksalstag von Rheinsberg". An dem Tag wurde die Stadt von der Roten Armee eingenommen. Aber auch der russische Parlamentär, der mit einer weißen Fahne in der Hand, erschossen wurde, war Thema. Wie der Autor erklärte, möchte er in dem Buch auch auf den Todesmarsch der Häftlinge, auf Flüchtlingstracks, Zwangsarbeiter und weitere Ereignisse, die diese Zeit prägen, eingehen. Dazu brauche er aber weitere Hinweise und möglicherweise Berichte von Bürgern, die dazu etwas sagen können. Knut Elstermann schloss nicht aus, dass es auch überlieferte Geschichten sein können, die im Buch entsprechend gekennzeichnet werden. „Es soll keine Dorfchronik werden", erklärte Elstermann, der sich zu einer möglichen Seitenzahl noch nicht festlegen wollte. Laut Möller könnten es bis zu 180 Seiten werden. Aber da ist Knut Elstermann skeptisch. „Mal sehen, was noch an Informationen kommt", zeigt sich der Autor zurückhaltend. „Wer Leute kennt, die zu dieser Zeit noch etwas sagen können: Bitte teilt uns das mit, damit wir mit ihnen sprechen können. Selbst die kleinste Geschichte oder Begebenheit zum Kriegsende kann wichtig sein."
Ansprechpartner in einem solchen Fall wäre Jörg Möller unter stadtgeschichte.rheinsberg@ gmail.com oder per 0172 1488422.