Kundgebung. Fast 100 Rheinsberger demonstrierten am Sonnabend gegen rechtes Gedankengut.
Jürgen Rammelt
(aus: Ruppiner Anzeiger; 29.01.2024)
Rheinsberg. Mit einer beeindruckenden Veranstaltung wurde am Sonnabend in Rheinsberg der Opfer des Holocaust gedacht. Eingeladen dazu hatten die Friedensrunde Rheinsberg sowie die Piraten und Die Linke. Mit rund 90 Teilnehmern, darunter Mitgliedern der SPD, der CDU und der Grünen, aus dem Geschichtsverein und einfache Bürger der Stadt, hatte die Veranstaltung eine beachtliche überparteiliche Resonanz gefunden. Befremden bei einigen Teilnehmern löste allerdings das erneute Fehlen des Bürgermeisters und der Abgeordneten aus der Fraktion des Bürgerbündnisses aus.
Als erste Rednerin sprach Jane Zahn von der Friedensrunde zu den Versammelten, gefolgt von Kay Pohle von den Linken, Silke Peitsch (CDU), Lukas Schröglmann von der SPD und einer Vertreterin der Falken. Sie alle erinnerten an den millionenfachen Mord von Menschen durch die Nazis, an die Deportation der jüdischen Bevölkerung in die Konzentrationslager und deren systematische Vernichtung. „So etwas darf sich nicht wiederholen“, war die einmütige Forderung aller Redner, zu denen auch Rheinsbergs Pfarrer Christoph Römhild gehörte.
Aber auch die Entrüstung über die jüngsten Enthüllungen der Rechercheplattform Correktiv über ein Geheimtreffen in Potsdam, bei dem Pläne zur Massendeportation unliebsamer Bürger und Migranten bekannt wurden, kam in den Reden zum Ausdruck. So hatte Peter Böthig, der Leiter des Kurt-Tucholsky-Literaturmuseums ein besonders diskriminierendes Ausweisdokument von Rosa Hirschfeld mitgebracht, einer Rheinsberger Jüdin, die dem Transport in ein Vernichtungslager nur deshalb entging, weil sie 1941 in Rheinsberg starb.
Nach einer Schweigeminute und der Niederlegung von Blumen am Mahnmal für die Opfer und Verfolgten des Nationalsozialismus (VVN) formierte sich ein Demonstrationszug in Richtung Stadtzentrum. Dabei wurden auch zwei Plakate mit den Aufschriften „Kein Staat wie Russland“ und „Nie wieder ist jetzt“ mitgeführt. Auf dem Kirchplatz angekommen, gab es erneut eine Kundgebung, bei der unter anderem Rheinsbergs ehemaliger Bürgermeister Manfred Richter, Jürgen Neumann von der Friedensrunde sowie Winfried Müller aus Dorf Zechlin das Wort ergriffen. In den Reden wurde ebenfalls auf die wachsende Gefahr durch rechtes Gedankengut und die Politik der AfD verwiesen.
Richter forderte die Anwesenden und Bürger der Stadt auf, genau zu überlegen, wen sie bei den bevorstehenden Wahlen ihre Stimme geben. „Menschen, die Hass predigen, die demokratischen Grundwerte missachten sowie über Remigration und die Abschaffung der EU nachdenken, dürfen in unserer Gesellschaft nicht die Oberhand gewinnen“, so der Appell der Teilnehmer der Protestaktion. jr
[Bildtitel oben:] Am Mahnmal für die Opfer des Nationalsozialismus wurden Blumen niedergelegt.
[Bildtitel unten:] Auf dem Kirchplatz angekommen, gab es erneut eine Kundgebung.