Senioren. Neues Leben im ehemaligen Domizil der Rheinsberger Schützengilde: Dort kommen nun ältere Leute bei „Luzie“ zusammen. Neben leichter Gymnastik wird gebastelt, gestrickt und gespielt. Von Jürgen Rammelt
Jürgen Rammelt
(aus: Ruppiner Anzeiger; 04.03.2024)
Die Einrichtung einer Tagespflege in Rheinsberg sei für die Stadt ein Glücksfall. Das sieht zumindest Thomas Schwarz so. Sein Unternehmen, die Schwester Agnes GmbH, hat im vergangenen Jahr die ehemalige Kaufhalle, das spätere Domizil der Rheinsberger Schützengilde, erworben und ausgebaut. Heute, wenige Monate nach der Inbetriebnahme, sind die Plätze weitgehend vergeben. „Lediglich an einigen Tagen ist noch etwas Luft“, berichtet Martina Wilk, die Pflegedienstleiterin.
Thomas Schwarz ist ein Kind der Region und hier aufgewachsen. In Rheinsberg ist er zur Schule gegangen. Wie er erzählt, hat er bisher viel Gutes erfahren und im Leben Erfolg gehabt. „Deshalb möchte ich jetzt auch der Gesellschaft und meiner Heimatgemeinde etwas zurückgeben“, erklärt er seine Motivation für die Investition. Die Tagespflege mit dem Namen „Luzie“ im Rheinsberger Stadtteil Rhinhöhe ist gut angenommen worden. Fünf Pflegerinnen kümmern sich um die Tagesgäste, die morgens gebracht und gegen 15.30 Uhr wieder abgeholt werden. Es sind vorwiegend ältere Menschen aus dem gesamten Gebiet der Stadt, die mindestens die Pflegestufe 2 haben. Die meisten kommen an zwei oder drei Tagen in der Woche.
An jenem Donnerstag sind es sieben Frauen und sechs Männer, die am Vormittag den Weg in die Einrichtung gefunden haben. Als Erstes steht Rückengymnastik auf dem Programm. Die Anleitung für die Übungen verfolgen die Seniorinnen und Senioren, auf Stühlen sitzend, an einem Monitor. Es herrscht eine entspannte Atmosphäre. Eine Pflegerin gibt unterstützende Hinweise, die entsprechend dem Gesundheitszustand mal mehr oder weniger Beachtung finden. Nach der Gymnastik bilden sich drei Gruppen. Während jeweils drei Männer sich an einem Tisch zum Skat und zum Spiel „Mensch ärgere Dich nicht“ treffen, packen gleich mehrere Frauen das Strickzeug aus oder möchten basteln.
Thomas Schwarz und das Pflegepersonal legen großen Wert darauf, dass es den Tagesgästen gut geht. Dazu trägt auch das in der Küche der Einrichtung zubereitete Mittagessen und der von der Köchin gebackene Kuchen bei. Aber Thomas Schwarz kann noch von anderen Erlebnissen berichten: Da sind zum Beispiel die zwei Frauen, die sich in der Tagespflege treffen und, am Tisch sitzend, feststellen, dass sie sich schon mal früher begegnet sein müssten. Wie dann das Gespräch ergab, waren sie vor mehr als 60 Jahren einmal Freundinnen gewesen und hatten sich die ganze Zeit aus den Augen verloren. „Es war ein emotionales Wiedersehen, und seitdem sieht man die beiden nur zusammen.“
Dann fällt ihm eine weitere Begebenheit ein. „Und dann gab es noch den Anruf eines Mannes, der berichtete, dass seine alleinstehende Oma immer mehr vereinsamt und keinen Lebensmut mehr hat“, erzählt Schwarz. „Ihm habe ich vorgeschlagen, sie solle doch in die Tagespflege kommen. Was auch geschah. Vor Tagen hat mich der Mann wieder angerufen. Zuerst dachte ich, es sei etwas passiert. Doch dann erklärte er mir, dass seine Oma wie umgewandelt sei. Sie würde erzählen und sei ganz verändert.“
Für Thomas Schwarz und sein Pflegeteam sind das Erfolgserlebnisse, die Mut machen. „Natürlich können wir nicht jeden retten. Aber wir geben unser Bestes.“ Deshalb möchte Schwarz, der in Basdorf zu Hause ist, in Rheinsberg noch mehr machen und auch investieren. Mit der Stadt ist er bereits im Einvernehmen. Sein Ziel ist es, in der ehemaligen, jetzt leerstehenden Kita Märchenland ambulante Wohngruppen einzurichten.
Damit nicht genug: Auch mit dem ehemaligen Landambulatorium hat Thomas Schwarz Pläne: Vor einigen Tagen hat er bereits das Büro seiner Firma dorthin verlegt. Er möchte, dass das Haus, in dem einst Rheinsbergs Ehrenbürger Dr. Martin Henning praktizierte, nach dem Auszug der Stadtbücherei wieder als Gesundheits- und Pflegezentrum genutzt wird. Laut Schwarz könnte im Erdgeschoss eine Arztpraxis, in der an bestimmten Tagen Fachärzte ihre Sprechstunden abhalten, eingerichtet werden.
Weiteres schwebt dem umtriebigen Investor vor: Gemeinsam mit dem Verein Stadtgeschichte Rheinsberg möchte er die Geschichte des Hauses für die Nachwelt erhalten und sichern. Daher bittet er die Rheinsberger, wenn sie Fotos, Schriftstücke oder andere Dokumente aus der Zeit von Dr. Henning oder des Landambulatoriums besitzen, diese dem Verein Stadtgeschichte leihweise oder dauerhaft zur Verfügung zu stellen. Schwarz möchte diese Aktion seinerseits mit Preisen unterstützen.
[Bildtitel oben:] Die Mitarbeiterinnen der Tagespflege freuen sich, dass sie ältere Menschen bei ihnen wohlfühlen. Fotos: Jürgen Rammelt
[Bildtitel unten:] Zum Kaffeetrinken oder zum Spielen sitzen sie gern zusammen.