Denkmal. Der Rheinsberger Obermühle droht mit der Sanierung der Mühlenstraße der Abriss. Unklar ist, was der Investor mit dem Gebäude eigentlich vorhat. Von Jürgen Rammelt
Jürgen Rammelt
(aus: Ruppiner Anzeiger; 24.10.2023)
Ist die denkmalgeschützte Rheinsberger Obermühle noch zu retten? Diese Frage stellt sich nicht nur Rheinsbergs Bürgermeister Frank-Rudi Schwochow (BVB/Freie Wähler). Auch geschichtsinteressierte Einwohner der Prinzenstadt machen sich Sorgen um den desolaten Zustand dieses historischen Gebäudeensembles. Immerhin ist die Obermühle eines der ältesten Häuser der Stadt.
Wie in der Denkmaltopografie des Landes Brandenburg und in der Datenbank des Vereins Stadtgeschichte nachzulesen ist, gab es bereits seit 1533 eine städtische Mühle am heutigen Standort vor dem Ruppiner Tor am nördlichen Ufer des Rhins. Nach dem verheerenden Stadtbrand von 1740 wurde das Mühlengehöft durch den Rheinsberger Maurermeister Alfred Seifert sogar wieder aufgebaut.
Allein von 1733 bis 1949 zählte die Mühle 13 Besitzer, bevor sie als Stadtmühle Rheinsberg in Volkseigentum überging. Ab 1954 gehörte die Mühle zum Bestand der Bäuerlichen Handelsgenossenschaft (BHG) Rheinsberg und ab Juli 1957 bis zur Wende zur landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaft (LPG). Müller waren in dieser Zeit Johannes und Günther Bröcker. Dr Wasserantrieb wurde in den 60er-Jahren stillgelegt.
Nach der Wende gab es viele Pläne und Nutzungsideen. Vor allem als die Stadt vom Bau eines Thermalbades träumte und Kurort werden wollte, sollte die Obermühle in dem Konzept als "Haus der Gesundheit" einen festen Platz erhalten. Eine Weile diente das Gemäuer als Heimstätte des Verkehrsvereins und Tourismusbüro, aber auch kurzzeitig als Gastwirtschaft.
Doch wie es mit der Mühle, die inzwischen viele Jahre dahin dämmert und immer weiter verfällt, weitergeht, ist ungewiss. Eigentümer ist seit 2018 ein Berliner Investor, der auf dem Immobilienmarkt tätig ist. Laut Bürgermeister Schwochow hat die Stadt zu ihm losen Kontakt, kann aber selbst keine Entscheidungen treffen. Ein Abriss oder Arbeiten an dem maroden Gebäude sind wegen des Denkmalstatus nicht ohne weiteres möglich.
Aufgrund der Situation, dass die Bausubstanz instabil ist und Einsturzgefahr besteht, waren in der Vergangenheit Sicherungsmaßnahmen notwendig geworden. So erhilet das Gebäude eine zusätzliche Überdachung und wurde zur Straße hin zusätzlich gesichert. Im Gebäude hat sich der Schwamm breitgemacht, und zum Rhin hin klafft in der Wand ein riesiges Loch.
Außerdem tragen die Decken schon lange nicht mehr, und wenn man Ziegel anfasst, zerbröseln sie in der hand. Im Inneren ist ein teil der Mühlentechnik noch vorhanden. Was damit einmal wird, ist ebenfalls ungewiss. Laut Schwochow ist das Problem der Denkmalbehörde des Landkreises bekannt, aber der Investor muss noch entsprechende Anträge stellen.
Um eine Lösung zu finden, hat Rheinsbergs Bürgermeister den Landeskonservator Dr. Thomas Drachenberg mit ins Boot geholt. Inzwischen gibt es mehrere Gutachten. Auch in denen wird eer desolate Zustand nicht verschwiegen. Unklar ist, was der Investor mit dem Gebäude eigentlich vorhat. Fest steht, es wird ein teures Vorhaben. Im Gespräch ist gegenwärtig auch ein Teilabriss.
Doch es kommt noch viel dicker, was mit der geplanten Sanierung der Mühlenstraße zusammenhängt. In einer Einwohnerversammlung, in der ein Vertreter des Landesbetriebes Straßenwesen das Projekt vorstellte, erklärte dieser, dass die Arbeiten an der Mühlenstzraße erst beginnen können, wenn ein Abriss der Obermühle erfolgt ist. Laut Schwochow ist das eine ganz neue Situation, die weitere Gespräche mit den Denkmalbehörden und dem Eigentümer der Mühle notwendig machen. Es bleibt also spannend, wie man sich einigt und wie es weitergeht.
[Bildtitel oben:] Die Obermühle in Rheinsberg: Löchtig und einsturzgefährdet sind ihre Wände, weshalb das Gebäude gesichert wderden musste. Foto: Jürgen Rammelt
[Bildtitel unten:] Die historische Postkarte zeigt die Obermühle um 1920. Fotoquelle: Verein Stadtgeschichte/Repro: Rammelt