Kalender 2024 Der Verein Stadtgeschichte erinnert mit seinem Kalender für das kommende Jahr an frühere Urlaubszeiten in und um Rheinsberg
Jürgen Rammelt
(aus: Ruppiner Anzeiger; 14.09.2023)
Es war eine gute Entscheidung: Als vor gut einem Jahr die Mitglieder des Vereins Stadtgeschichte Rheinsberg sich über ein Thema für den Jahreskalender 2024 Gedanken machten, gab es den Vorschlag, die früheren Ferienlager der Region in den Mittelpunkt zu stellen. Diese Einrichtungen gab es reichlich, vom FDGB-Feriendienst, von betrieben und von anderen Trägern. Jetzt ist die 17. Auflage des Kalenders fertig, der von den Rheinsbergern gekauft und auch verschenkt werden kann.
Erinnerungen leben auf
Nach ihrer Gründung hatte die Regierung der DDR festgelegt, dass, wer arbeitet, auch Zeit zur Erholung bekommen muss. So hatten Werktätige 1961 einen gesetzlichen Anspruch auf zwölf Tage Urlaub, später 18 und mehr Tage.
Zu Beginn der 50er-Jahre erhielt der Freie Deutsche Gewerkschaftsbund (FDGB) von der Regierung die Aufgabe, für entsprechende Quartiere zu sorgen. Durch die Anmietung und Übernahme von entsprechenden Objekten und Neubauten entstanden so in landschaftlich attraktiven Gegenden Ferienunterkünfte. Die Vermittlung von Urlaubsreisen war vor allem die Aufgabe des FDGB-Feriendienstes, der 1947 gegründet wurde, sowie der Betriebe. Der kommerzielle Fremdenverkehr war von untergeordneter Bedeutung. Für eine gewünschte Reise beantragten die Werktätigen für sich und ihre Familienangehörigen bei der Gewerkschaft oder im Betrieb einen Ferienscheck. Dieser Anrechtsschein, der nach bestimmten Kriterien vergeben wurde, legte den Urlaubsort, die Art der Unterbringung und den Zeitpunkt der Reise fest.
Üblicherweise dauerten diese Urlaubsreisen 13 Tage. Da der Organisationsgrad der Bevölkerung im FDGB mit 9,6 Millionen (1988) sehr hoch war, stellten viele Werktätige einen entsprechenden Antrag. 1989 vergab der FDGB rund 1,8 Millionen Urlaubsreisen. Aufgrund der Kostenbeteiligung vonseiten der Gewerkschaft und zusätzlicher staatlicher Subventionen mussten die Urlauber lediglich etwa ein Drittel der tatsächlichen Kosten zahlen.
Aber auch die volkseigenen Betriebe erhielten von der Partei- und Staatsführung den Auftrag, Urlaubsmöglichkeiten für ihre Beschäftigten zu schaffen. So entstanden an der Ostsee, in Thüringen, im Erzgebirge, im Harz und schließlich auch im seenreichen Mecklenburg und rund um Rheinsberg betriebliche Ferieneinrichtungen. Während die „Nordländer“ meist in die Mittelgebirge reisten, zog es die „Südländer“ an die Küste und an die mecklenburgischen Seen. Der Urlaub war ein bestimmendes Thema, da mit der Schließung der Grenze 1961 nur noch Reisen in die sozialistischen Länder möglich waren. 1984 gab es 413.000 betriebliche Ferienplätze und 136.000 vom FDGB.
Breiten Raum in dem nunmehr zum Druck bereiten Kalender mit den zwölf Monatsblättern nimmt der regionale Feriendienst des FDGB ein, der in Rheinsberg seinen Sitz hatte. Größtes Objekt war das Ferienheim „Ernst Thälmann“ am Rheinsberger See. Aber auch das Adolf-Giesecke-Heim in Flecken Zechlin, sowie weitere Einrichtungen in Klein- und Groß Zerlang, in Zechlinerhütte und Rheinsberg, standen den Urlaubern zur Verfügung.
Darüber hinaus gab es die Ferieneinrichtungen der Betriebe, die ebenfalls in den Kalender aufgenommen wurden. Neben festen Häusern, wie den Ferienobjekten des Wälzlagerwerkes Leipzig in Dorf Zechlin (heute Hotel Gutenmorgen), sowie vom Baustoffkombinat Leipzig in Adamswalde, gab es in Kagar und in weiteren Orten Bungalowsiedlungen sowie in Luhme eine attraktive Feriensiedlung des Kreises Nordhausen mit der Gaststätte „Roland“.
Auf zwei Monatsblättern werden das Pionierlager und die Jugendherberge Prebelow vorgestellt. Die erstere Einrichtung entstand in Trägerschaft des Stahl- und Walzwerkes „Wilhelm Florin“ in Hennigsdorf und diente vorrangig der sozialistischen Erziehung der Jugend. Erinnert wird an Fahnenappelle und an die vormilitärische Ausbildung, die dort zum Programm gehörten. Die 1926 im Klosterstil errichtete Jugendherberge Prebelow ist die älteste im Kalender aufgenommene Ferieneinrichtung, die von Gruppen, aber auch Einzelreisenden genutzt wurde.
Erinnert wird im Kalender auch an die Zeltplätze in der Rheinsberger Region. Diese wurden hauptsächlich vom VEB Erholungswesen, einem Betrieb der Stadt Rheinsberg, bewirtschaftet. Außerdem gab es zahlreiche Privatquartiere, die sowohl über den FDGB, als auch durch die Vermieter den Urlaubern zur Verfügung gestellt wurden. Interessant dabei ist, dass auf den Grundstücken Anbauten entstanden oder alte Stallungen um- und ausgebaut wurden, um sie als Urlaubsquartiere zu nutzen. Und es gab Familien, die in den Keller zogen, um ihre Wohnungen an Urlauber vermieten zu können.
Um die Erstellung des Kalenders kümmert sich einigen Jahren eine Arbeitsgruppe aus Vereinsmitgliedern, die von Sandra Bothe geleitet wird. Die Hobbyhistoriker sammeln Informationen, suchen und wählen Fotos aus und formulieren die Texte für die jeweiligen Monatsblätter. Dabei wurden die Kalendermacher unter anderem von Heinz Karwath, Wolfgang Buwert, Jörg Möller, Helmut Plunze und Willmut Krieger unterstützt, indem diese Fotos, Programme, Ansichtskarten und andere Gestaltungselemente zur Verfügung stellten.
Laut Sandra Bothe, die mit Susan Kraudszun von der Firma „Ersteindruck“ die Gestaltung des Kalenders übernommen hat, wird der Kalender auf dem Rheinsberger Töpfermarkt am 14. und 15. Oktober erstmals zum Kauf angeboten. Auch diesmal gibt es wieder ein Begleitheft mit wichtigen Informationen, mit Beiträgen über die Ortsteile der Stadt Rheinsberg und mit Werbeanzeigen von einheimischen Unternehmen und Geschäftsleuten, die mit einer Spende den Druck und die Herausgabe des Kalenders unterstützen.
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[oben:] Noch haben die Mitglieder des Vereins Stress, doch bald ist die Arbeit getan. Fotos: Jürgen Rammelt [v.l.n.r.: Doris Lippuner, Peter Franke, Sandra Bothe, Holger Pfeifer im Versammlungsraum des SGR e.V., im Haus der Stadtgeschichte]
[unten:] Die Kinder liebten die Neptunfeste, die in den Ferienlagern, die am Wasser lagen, immer dazugehörten.